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Filmkritik: Intrige

Intrige

Paris, am Ende des 19. Jahrhunderts: Der französische Artillerie-Hauptmann Alfred Dreyfus {Louis Garrel} ist vielen ein Dorn im Auge, denn er ist Jude, der einzige im gesamten französischen Generalstab. Am 22. Dezember 1884 erreichen seine Gegner ihr Ziel: Weil er Militärgeheimnisse verraten haben soll, wird Dreyfus wegen Landesverrat von einem nicht-öffentlichen Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt und auf die sogenannte Teufelsinsel vor der Küste von Französisch-Guayana verbannt.

Als Cineast freut man sich immer, wenn ein Film kontrovers diskutiert wird. Bei »Intrige« geht es in der Diskussion aber weniger um den Film, seinen Inhalt oder seine Machart: Es geht um den Regisseur Roman Polanski. Gegen ihn stehen immer noch Vorwürfe der Vergewaltigung im Raum und als Antwort darauf macht er einen Film, in dem ein Mann zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt wird aus keinem anderen Grund, als dass er Jude ist. Und in Interviews macht Polanski keinen Hehl daraus, dass er eine Parallele sieht zwischen sich und Alfred Dreyfus, der 1895 bezichtigt wird, Hochverrat an seinem Heimatland Frankreich begangen zu haben. Wird hier nach einem ästhetischen Freispruch verlangt, wo es einen juristischen nicht gibt {weil es bisher noch nicht zu einem Prozess kam}? Und wieder wird diskutiert, ob man Werk und Künstler trennen kann, trennen darf, vor allem dann, wenn wie in diesem Fall der Künstler selbst auf diese Verbindung besteht.
Die Frauen, die Vorwürfe gegen Polanski erheben, werden damit in den Mob eingereiht, der als erstes schreit »Der Jude war’s« – genug Stoff für öffentliche Empörung, Proteste vor den Kinos in Frankreich, Vorwürfe an Jurys die »Intrige« nominiert und ausgezeichnet haben und sich darauf berufen, nur die Filmkunst zu bewerten, nicht den Lebenswandel des Machers.

Mensch und Masse

Und der Film ist tatsächlich ein guter, manche sagen, Polanskis bester. Und vermutlich ist es ein so guter Film, weil der Regisseur damit seinem Erleben der immer wieder aufkommenden Anschuldigungen, die er als »absurd« bezeichnet, Ausdruck verliehen hat.
Der Film beginnt mit einer Totalen, in der man die versammelten Menschen erst auf den zweiten Blick wahr nimmt: Ein weiter Platz, ein graues, bombastisches Gebäude, davor eine Linie von Menschen: Soldaten, die angetreten sind, um der Degradierung

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