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Vera Buck – Runa

Hart an der Grenze

Runa ist ein Roman, der dem Leser einiges abverlangt. Ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder die ungeschönte Wahrheit aushalten kann, die Wahrheit über die Anfänge großer wissenschaftlicher Erkenntnisse, in diesem Fall die der Psychiatrie. Aber wahrscheinlich hat jeder ein Bild der sogenannten Nervenheilanstalten des 19. Jahrhunderts vor Augen: Menschen, die in Bottichen sitzen, mit Schläuchen abgespritzt oder in Becken untergetaucht werden – man erinnere sich an den Horrorfilm Wolfman, in dem der Vater, gespielt von Anthony Hopkins, seinen vermeintlich irren Sohn {Benicio del Toro} einer Wassertherapie unterwirft, indem er ihn wieder und wieder in einem Becken versenken lässt … Eine ›Behandlung‹, die nicht nur an Foltermethoden wie Waterboarding erinnert, sondern ihnen gleichkommt. Andererseits sind genau diesen Ärzten, die solche Methoden anwandten, einschneidende Erkenntnisse über die Neurochirurgie zu verdanken, oder jener Erkrankungen wie das nach Georges Gilles de la Tourette benannte Tourette-Syndrom. In dem Roman »Runa« bekommen diese Namen ein Gesicht, eine Persönlichkeit. Die Versuche, die Ideen, die Vorgehensweisen entspringen nicht dem Gehirn eines Horrorschriftstellers, sondern der Geschichte. Einer Geschichte, die auch in den Nebenhandlungen und Details, so wie sie in diesem Roman geschildert werden, durchaus stattgefunden haben könnte. Und das ist das Erschreckende, das Verstörende und gleichzeitig das überaus Faszinierende an diesem Roman. Denn Vera Buck erzählt ihre Geschichte in einem eher unbeteiligten, objektiven Ton. Sie verurteilt nicht, sie beschreibt. Sie schmückt nicht aus …

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