Artikelkategorie: Hörbuch

Heidi Rehn – Die Buchhandlung in der Amalienstraße

Um 1900 war die Stadt München unter Künstler:innen ›the place to be‹. Dank des kunstaffinen Prinzregenten Luitpold entwickelte sich die Stadt an der Isar zu einer wahren Kunstmetropole. Aus ganz Europa zog es Kreative in die liberale, moderne Residenzstadt, um dort zu studieren, zu schreiben, zu philosophieren, zu leben. In den Schwabinger Cafés diskutieren Intellektuelle bei einem Kaffee über Gott und Welt. Wer an der Hochschule bei Franz von Stuck das Malen erlernen wollte, musste allerdings ein Mann sein. Frauen waren hier nicht zugelassen. Wie Frauen überhaupt dieses und auch und gerade jenes qua Geschlecht nicht durften. Diese Ungerechtigkeit galt es aufzuheben. In München traten engagierte Frauen wie Anita Augspurg, Sophia Goudstikker, Carry Brachvogel, Ilka Freudenberg, Helene Böhlau, Emma Haushofer-Merk und andere an, um für die Sache der Frauen zu kämpfen. Anspruchsvolle Unterhaltung Nicht von ungefähr verortet Rehn ihre zuletzt erschienen Romane in das München des (beginnenden) 20. Jahrhunderts. Es ist dies … ▹ Buchbesprechung lesen!

Brigitte Glaser – Rheinblick {Hörbuch}

Brigitte Glaser – »Rheinblick« – Genau an diesem Punkt, Brandts Sprachlosigkeit, setzt Glaser in ihrem Roman an. Sie rückt jedoch nicht Brandt in den Fokus, sondern drei Frauen, deren jeweiliges Schicksal mit der Bonner Politik auf das Engste verknüpft ist. Wie schon in »Bühlerhöhe« erweist sich Glaser als feinfühlige und subtile Erzählerin. Hilde gehört der ›Rheinblick‹. Als Mann wäre sie in ihren ›besten Jahren‹: Die Vierzig knapp überschritten, autonom, weil berufstätig, Witwe, attraktiv, verschwiegen, loyal. Nur ihr Privatleben, insbesondere den Traum eines erfüllten Liebeslebens, hat sie frühzeitig an den Nagel gehängt. Ihrem verstorbenen Mann, ein guter Kerl, wie selbst findet, hätte sie eigentlich treu sein müssen. Aber die Gefühle für einen anderen Mann, einem, der ihre Leidenschaft weckte, funkte dazwischen. Ein kurzes Aufflackern davon, wie Leben sein kann. Vorbei. Jetzt lebt sie für den ›Rheinblick‹, der ihr Lebenswerk ist. Hier trifft sich alles was in der Bonner Politik einen Namen hat – oder zu einem werden möchte. In ihrem Lokal geben sich die Politiker jeder Couleur und deren Gefolge die Klinke in die Hand. Es …

Grimms Morde

Hörbücher Rezension: Grimms Morde – Schreckliches passiert den Menschen in den Grimmschen Märchen: Eine Mutter hackt ihrer Tochter den Kopf ab, aus Versehen – huch! -, abgesehen hatte sie es eigentlich auf den Kopf ihrer Stieftochter. In einem anderen Märchen lockt ein Serienmörder seine Opfer, allesamt Mädchen, in sein Haus und tötet sie mit seinem Beil. Wieder ein anderes erzählt von einer eitlen Königin, die nach der falschen Antwort ihres magischen Spiegels beschließt, ihre Stieftochter ins Jenseits zu schicken. Menschliche Abgründe soweit das Märchenauge blickt … Aber eben nicht nur dort. Schreckliches passiert auch 1821 in Kassel. Zumindest in Tanja Kinkels Roman »Grimms Morde«. Noch bevor der erste Absatz des Prologs verklungen ist, präsentiert die Autorin ihren Hörern auch schon die erste Leiche. Sehr zum Bedauern des Oberwachtmeisters Blauberg ist die Tote ausgerechnet die Freiin von Bachros, ihres Zeichens ehemalige Mätresse des just verstorbenen Kurfürsten. Kochend heißes Wachs hat der Mörder über das Gesicht seines wehrlosen Opfers gekippt – und sie damit sprichwörtlich ›mundtot‹ gemacht. Im Dekolletee der Dame findet sich ein Bogen Papier, auf …

Die fremde Königin (Hörbuch)

Hörbuch Rezension: Die fremde Königin – Diesen ungewöhnlichen Tipp setzt Adelheid von Burgund in die Tat um. Sie gräbt und gräbt und gräbt. Ausdauernd, unerschrocken und mutig schaufelt sie sich kraft ihrer eigenen Hände den Weg aus dem Verlies hinaus, in das Berengar von Ivrea sie zwecks ›Meinungsänderung in Ehefragen‹ geworfen hat. Adelheid – kaum zwanzig Jahre alt und schon verwitwet, Mutter einer dreijährigen Tochter und eine burgundische Prinzessin – ist das, was man eine ›gute Partie‹ nennt. Denn sie ist dank ihres Gatten Lothar nicht nur eine unermesslich wohlhabende Frau, sondern auch rechtmäßige Königin von Italien. Der machthungrige Berengar beförderte König Lothar mittels Gift ins Jenseits, kidnappt Adelheid und will sie in eine Ehe mit seinem Sohn zwingen. Ein Plan, den diese nach Kräften durchkreuzt und stattdessen Otto I. um Hilfe bittet. Der reagiert sofort und schickt – auf Anraten seines unehelichen Sohnes Wilhelms – den Panzerreiter Gaidemar nach Garda, um Adelheid aus den Klauen Berengars zu retten. Als verkleideter Mönch kann er zu Adelheid in den Hof der Burg vordringen und ihr zuraunen: …

Wir waren voller Hoffnung (Hör-Feature)

Hör-Feature Rezension: Wir waren voller Hoffnung – Wer kennt diese Frauen nicht? – Die vielfach mit Preisen ausgezeichnete Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Ruth Klüger, die renommierte und Ende letzten Jahres verstorbene Dichterin Ilse Aichinger oder die Fotografin und Verlegerin Inge Feltrinelli, deren Schnappschuss von Greta Garbo seinerzeit um die Welt ging. Mit diesen und dreiundzwanzig weiteren – zum Teil weniger prominenten – Frauen führte die Kulturjournalistin Lerke von Saalfeld in der Zeit von 1985 bis 2013 Interviews, die in der Sendung »Zeitgenossen« im SWR gesendet wurden. »Was ohne jede feste Absicht einst begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem großen historischen Projekt mündlich überlieferter Geschichte entwickelt«, schreibt von Saalfeld im ausführlichen Booklet, die der CD Box beigefügt ist. Ein Booklet übrigens, dass der Hörer unbedingt durchblättern und lesen sollte, finden sich dort doch aktualisierte Kurzviten der jeweiligen Frauen. Mögen die Lebenswege der fünfundzwanzig Frauen auch sehr unterschiedlich verlaufen sein, eines ist ihnen allen gemein, sie alle sind in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geboren. Mitten hinein in eine Zeit des politischen und gesellschaftlichen …

Fritz Bauer. Sein Leben, sein Denken, sein Wirken

Hör-Feature Rezension: Fritz Bauer – Im Jahre 2013 jährte sich der Auftakt der Frankfurter Auschwitz-Prozesse zum fünfzigsten Mal. Im Zuge dieses Gedenkens erhielt auch deren Initiator, der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, neuerliche Beachtung. Ausstellungen im Jüdischen Museum Frankfurt am Main {2014}, im Landgericht Heidelberg {2015}, im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln {2016} oder die im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden {2017} widmeten sich der Arbeit und der Person Fritz Bauer. Daneben erschienen die Biographien von Irmtrud Wojak {Fritz Bauer 1903-1968, Eine Biographie, C.H. Beck Verlag, 2011} und Ronen Steinke {»Fritz Bauer: oder Auschwitz vor Gericht«, Piper Verlag, 2013}. Auch die Filmindustrie entdeckte Bauer {oder die Auschwitz-Prozesse} als Sujet. In »Das Labyrinth des Schweigens« {2014} taucht Fritz Bauer leider nur als Randfigur auf. Im Kinofilm »Der Staat gegen Fritz Bauer« {2015} verkörpert Burghart Klaußner den engagiert für die Gerechtigkeit kämpfenden Generalstaatsanwalt und in »Die Akte General« {2016} versucht der Schauspieler Ulrich Noethen dem charismatischen Juristen des Wirtschaftswunders Kontur zu verleihen. O-Töne eines engagierten Juristen Nun ist ein Hör-Feature mit Original Tondokumenten von Fritz Bauer {1903-1968} im …

Hörbuch Rezension: Augustus

Hörbücher Rezension: Augustus – In Deutschland war der Autor John Williams {1922-1994} lange Zeit unbekannt. Zu Unrecht, hatte er doch schon 1973 für seinen Roman »Augustus« den National Book Award erhalten, neben dem Pulitzer-Preis der renommierteste Literaturpreis in den USA. Seinerzeit musste Williams sich diesen Preis mit dem Autor John Barth teilen, dessen Werk »Chimera« ebenfalls ausgezeichnet wurde. Erst jetzt – über 20 Jahre nach Williams’ Tod und über 40 Jahre nach Erscheinen – liegt »Augustus« in deutscher Übersetzung {übrigens hervorragend übersetzt von Bernhard Robben} vor. Mit dem gleichzeitigen Erscheinen als vertonte Ausgabe mag für so manchen Hörbuch Fan ein Traum in Erfüllung gehen. Neben den mittlerweile zu Klassikern avancierten vertonten Romanen »Ich zähmte die Wölfin« von Marguerite Yourcenar oder der SPQR-Reihe des Autors John Maddox Roberts gesellt sich nun also »Augustus«. Und – so viel sei schon verraten – Autor Williams brilliert auf ganzer Linie. Das Sujet des Autors John Williams war die Macht und der Erhalt derselben. Welche Veränderungen durchlebt ein Mensch, der sich ganz und gar der Macht verschreibt? Wenn er versucht …

Hörbuch Rezension: Bühlerhöhe von Brigitte Glaser

Hörbücher Rezension: »Bühlerhöhe« – Nach vielen Jahren kehrt die Jüdin Rosa Silbermann als Agentin des Mossads ins Land der Schlächter zurück. Ihr Auftrag ist so einfach wie kompliziert. Als Ehefrau des Agenten Ari Goldstein getarnt, soll sie ein geplantes Attentat auf den deutschen Bundeskanzler Adenauer verhindern. Dabei ist weniger ihr Geschick als Agentin gefragt, sie ist nämlich keine, sondern ihre profunden Ortskenntnisse. Vor der Machtübernahme der Nazis mitsamt ihrer begeisterten Anhängerschaft verbrachte sie als Kind mehrfach mit ihren Eltern und Geschwistern unbeschwerte Ferien im Schwarzwald. Ab und an auch mit ihrem Großvater, der im Nobelhotel Bühlerhöhe logierte. Rosas Erinnerung an diese Urlaube sind lebendig und so ist ihre Furcht vor diesem Ort verständlich. Denn auch wenn sich Rosa und ihre Schwestern retten konnten, anderen war dies nicht gelungen. Jetzt, nur sieben Jahre nach Ende des Krieges, zurück nach Deutschland zu reisen und dort womöglich noch mit Menschen verkehren zu müssen, die den Schlächtern zuvor in die Hände spielten – das ist ein emotionaler Drahtseilakt. Das Fokussieren auf den Auftrag – Adenauer retten, um das Luxemburger …

David Foenkinos – Charlotte

»Leben? Oder Theater? Ein Singspiel« Histo Journal Hörbuchbesprechung: »Charlotte« von David Foenkinos Ein Leben in Bildern David Foenkinos ist ein Bestsellerautor. Ein Schriftsteller, der sich mit teils skurrilen, teils melancholischen Geschichten in die Herzen unzähliger Leserinnen und Leser geschrieben hat. Seine Romane sind nicht nur in etliche Sprachen übersetzt worden, ein paar dienten auch als Vorlage für bislang Verfilmungen. Jetzt überrascht der Autor mit einem nachdenklich stimmenden Buch über die Malerin Charlotte Salomon, die mit nur 26 Jahren – und zudem im fünften Monat schwanger – im Oktober 1943 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ermordet wurde. Charlotte Salomons Leben war ein von tragischen Erlebnisses durchsetztes. Gerade neun Jahre war sie alt, als ihre Mutter starb. Erst 1940 im Exil in Südfrankreich, wohin auch ihre Großeltern geflohen waren, erfährt die Malerin die tragische Wahrheit. Auslöser ist der Tod ihrer Großmutter, die sich durch einen Fenstersprung das Leben … » Hörbuchbesprechung lesen

Gustav Schwab – Sagen des klassischen Altertums

»Sagen des klassischen Altertums« Histo Journal Hörbuchbesprechung: »Sagen des klassischen Altertums« von Gustav Schwab Die antike Sagenwelt wird einfach nicht unmodern – zum Glück! Dass sie uns heute so präsent ist, hat auch dieser Mann zu verantworten: Gustav Schwab. Denn er war es, der die Sagen aus der Antike übersetzte und neu erzählte. Aufgewachsen in einem evangelisch-humanistischen Elternhaus studierte er ab 1809 Philologie, Philosophie und Theologie. Nach Zwischenstationen im Brockhaus und später im Cotta Verlag, übernahm er ab 1837 die Leitung eines Pfarramtes. Erstmals erschienen Schwabs »Schönste Sagen des klassischen Altertums« zwischen 1838 und 1840. Seine Erzählungen fanden sofort begeisterte Leserinnen und Leser. Das ist jetzt 176 Jahre her – und dennoch, oder vielmehr zum Glück: Schwabs »Sagen des klassischen Altertums« sind aus dem deutschsprachigen Raum nicht wegzudenken. Schwab, der Bestsellerautor. Wahrscheinlich würde er heute – wäre er nicht 1850 gestorben – in keiner Literatursendung fehlen und Fragen wie »Was kann uns die Antike lehren?«, »Haben Sie jemals daran gedacht einen eigenen Roman zu schreiben?« zu beantworten versuchen. Als eloquent genug hätte er sich sicher …