Kultur in Zeiten der aktuellen Pandemie – Susanne Goga

Kultur in Zeiten der aktuellen Pandemie

Auch im Jahr 2021 werden gerade Kulturschaffende die Auswirkungen der Pandemie spüren. Seit vielen Wochen finden keine Lesungen statt, sind Theater und Kinos geschlossen, gibt es weder Konzerte noch Festivals …
Wir wollten daher wissen: Wie erleben Schriftsteller*innen die aktuelle Zeit? Wie gehen sie mit dieser außergewöhnlichen Situation um? Wir haben u.a. Heidi Rehn und Peter Prange zu ihren Eindrücken befragt. In diesem Neujahrs Special meldet sich in den kommenden Tagen jeweils ein*e Schriftsteller*in zu Wort.


Die Autorin Susanne Goga
© Myriam Topel

Die Schriftstellerin Susanne Goga

Histo Journal: Wie erlebst Du als Schriftstellerin diese Zeit?

Susanne Goga: Was meine tägliche Arbeit angeht, hat sich für mich nicht viel geändert, da ich zu Hause arbeite und viel online recherchiere. Ich hatte das Glück, im Juni nach Berlin fahren zu können, wo ich mir einige Schauplätze angesehen habe. Das wäre jetzt natürlich nicht möglich. Ich überlege schon, wo ich meinen nächsten Roman ansiedle, da ich mir die Orte immer gerne ansehe, aber nicht weiß, wann ich wohin reisen kann.
Für mich sind alle Veranstaltungen ausgefallen, da kurz nach Erscheinen meines letzten Romans die Frühjahrsbeschränkungen begannen. Geplant war u.a. ein Kinoevent, für das ich einen eigenständigen Kriminalfall geschrieben habe. Zum Glück ist dieses Projekt so konzipiert, dass wir es zu einem späteren Zeitpunkt nachholen können. Dennoch waren wir sehr traurig, dass wir es verschieben mussten.
Überhaupt fehlt mir der persönliche Kontakt zum Publikum, was mich soziale Medien umso mehr schätzen lässt, da auf diese Weise immerhin ein bisschen Kommunikation stattfindet. Und so wird es wohl auch für Erste bei meinem neuen Roman bleiben, der im Februar erscheint.

Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der Frankfurter und der Leipziger Buchmessen belasten eine ganze Branche. Was müssen Autor*innen jetzt tun, um ihre Existenz zu sichern?

Susanne Goga: Da sind nicht nur wir gefragt. Natürlich sind viele von uns in den sozialen Medien aktiv, bieten Lesungen und Interviews an, werben für ihre Arbeit, aber wir können das nicht allein stemmen. Die Sicherung des literarischen Lebens muss ein Gemeinschaftsprojekt für uns, Verlage, Medien und Politik sein. Die Verlage, mit denen ich arbeite, sind aktiv, so gab es z. B. einen exzellenten Workshop zum Thema soziale. Aber, wie gesagt, es ist nicht allein unsere Aufgabe, wir können nicht allein unsere Existenz sichern. Da ist auch die Politik gefragt. Wenn ich mir ansehe, wie manche Branchen unterstützt werden, wünsche ich mir das auch für die Autor*innen und Kunstschaffenden insgesamt. Und zwar in einer unbürokratischen, zeitnahen Weise, denn daran hapert es wohl bei vielen Maßnahmen.
Ich möchte auch anmerken, dass die Situation individuell sehr unterschiedlich ist. Meine Bücher kann man auch in der Pandemie lesen, aber für die darstellenden Künste ist ungleich problematischer, das Publikum zu erreichen. Und auch bei den Schreibenden selbst ist die Bandbreite sehr groß, da es Kolleg*innen gibt, bei denen Lesungen und Veranstaltungen einen wesentlichen Teil des Einkommens ausmachen, was bei mir nicht der Fall ist.

Histo Journal: Angesichts des vergangenen Teil-Lockdowns und aktuellen Lockdowns – Welche Auswirkungen auf die Kulturbranche befürchtest Du angesichts dieser neuerlichen Beschränkungen und Einschränkungen?

Susanne Goga: Dass die unabhängigen Theater, Kinos, Konzerthallen usw. es besonders schwer haben, die Krise zu überstehen. Dass auch kommunale und staatliche Kultureinrichtungen, die jetzt noch abgesichert sind, danach unter Einsparungen zu leiden haben. Andererseits kann ich mir vorstellen, dass es nach dieser Zeit einen unglaublichen Hunger auf Live-Kultur geben wird. Aber bis dahin durchzuhalten, wird die schwierigste Aufgabe sein.

Susanne Goga lebt als Autorin und Übersetzerin in Mönchengladbach. Sie ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Außer ihrer Krimireihe um Leo Wechsler hat sie mehrere historische Romane veröffentlicht und wurde mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Goldenen HOMER für ›Mord in Babelsberg‹ und dem Silbernen HOMER für ›Nachts am Askanischen Platz‹. Zuletzt erschien »Der Ballhausmörder«. Es ist der siebte Fall der Berlin-Krimis um Kommissar Leo Wechsler.

cover

Am 21. Februar 2021 erscheint »Das Geheimnis der Themse« im Diana Verlag.
Inhalt:
London 1894. Charlotte und Tom sind seit zwei Jahren verheiratet, doch ein Schatten liegt über ihrem Glück. Sie haben noch kein Kind, vieles steht unausgesprochen zwischen ihnen. Dann werden sie in ein Geheimnis hineingezogen, das sie einander wieder näherbringt, aber auch Gefahr bedeutet. Denn es scheint, dass an der Themse alte Rituale auferstehen, durch die Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen …

Susanne Goga im Histo Journal:
Buchbesprechung – Es geschah in Schöneberg
Interview zum Buch – Es geschah in Schöneberg
Interview – Beruf: Übersetzerin
Hier gelangen Sie zur Website der Autorin.

Morgen: Der Autor Ulf Schiewe