Histo Journal Buchbesprechung: Felicia Otten – Die Landärztin

Buchbesprechung: Felicia Otten »Die Landärztin«

Gelesen & Notiert von Ilka Stitz

Inhalt

Eine starke junge Ärztin, eine neue Heimat, eine Zeit voller Herausforderungen

Deutschland Anfang der 1950er-Jahre. Obwohl die Ärztin Thea Graven in ihrem jungen Leben schon schwere Schicksalsschläge verkraften musste, hat sie sich stets ihre Lebensfreude und ihren Glauben an das Gute bewahrt. Nachdem sie bei einer Operation Zeugin eines tödlichen Kunstfehlers durch einen Chefarzt wird und diesen zur Anzeige bringt, ist es mit ihrer Karriere in Hamburg vorbei. Thea flieht zu ihrer Familie in die Eifel und nimmt dort eine Stelle als Landärztin an. Wenn da bloß nicht die misstrauischen Dorfbewohner wären und ihr neuer Chef Georg Berger – ein bewundernswerter Mediziner, wie Thea zugeben muss, doch ansonsten offenbar ein absoluter Rüpel. Ein Glück, dass ihre Schwestern Marlene und Katja fest an Theas Seite stehen, denn die frischgebackene Landärztin entdeckt bald nicht nur die schönen Seiten ihrer neuen Heimat, sondern auch einige brisante Geheimnisse …

Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Blanvalet Verlags.

Taschenbuch
560 Seiten
ISBN: 978-3-7341-1041-2
10,00 Euro

Thea Graven ist angehende Gynäkologin und Ärztin aus Überzeugung. Anfang der 50er Jahre ist es nicht selbstverständlich, dass sie eine Stelle in der Chirurgie der Hamburger Universitätsklinik bekommen hat. Viele Kriegsheimkehrer besetzen die Arztstellen, so dass sie froh sein kann, überhaupt als Ärztin arbeiten zu können, wenn auch in der Männerabteilung der Chirurgie. Für sie bedeutet die Tätigkeit eine gute Chance, ihr medizinisches Wissen zu vertiefen. Um dann, nach ihrer Facharztprüfung, in Hamburg eine gynäkologische Praxis zu eröffnen.

Thea Graven fühlt sich dem hippokratischen Eid verpflichtet und steht ganz im Dienst ihrer Patienten. So kann sie nicht schweigend zusehen, wie ihrem Chefarzt bei einer Operation ein Kunstfehler unterläuft, der unter den Teppich gekehrt werden soll. Als der Patient an den Folgen der missglückten Operation stirbt, informiert Thea den Krankenhausleiter. Als der ihr keinen Glauben schenkt, wendet sie sich an die Staatsanwaltschaft, trotz der Befürchtung, dadurch ihrer Krankenhauskarriere zu schaden. Und ihre Befürchtungen bewahrheiten sich. Sie wird entlassen, und der Krankenhausleiter sorgt zudem dafür, dass sie auch an anderen Krankenhäusern keine Stelle bekommt.

Thea bleibt nichts anderes übrig, als zu ihrer Familie zu gehen, die es nach dem Krieg aus Dresden in die Eifel verschlagen hat. Hier leben der Vater und ihre beiden Schwestern. Wohl ist ihr dabei nicht. Ihr Vater hat ihr ihre Unstandesgemäße Ehe mit einem Künstler nicht verziehen. Er, angesehener Professor im Monschauer Krankenhaus, hätte sie seinerzeit lieber als Nachfolgerin an seinem Dresdner Klinikum gesehen. Auch wenn ihre Schwestern sich um eine Versöhnung der beiden bemühen, so bestätigt die Nachricht über die Umstände von Theas Entlassung des Vaters Zorn. Also steht es um Theas berufliche Karriere in der Eifel schlecht bestellt. Einzig der Landarzt Georg Berger schert sich nicht um Theas schlechten Leumund, allerdings ist er in Medizinerkreisen ebenfalls nicht wohlgelitten. Zudem erweist er sich als schwierig und unbeherrscht, wenngleich er sich als hervorragender Arzt erweist. Thea ist entschlossen, es mit ihm aufzunehmen.

Felicia Otten beschreibt die Situation der 50er Jahre, die Folgen von Krieg, Vertreibung und Versehrtheit an Körper und Seele mit viel Feingefühl. Immer ist sie nah an ihren Figuren, deren Schicksal auch heute noch bewegt. Als Landärztin trifft Thea Graven auf Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch sei es der Landarzt, die Landbevölkerung, die Vertriebenen, alle sind auf verschiedene Weise vom Krieg gezeichnet. Und haben gelernt zu überleben, auch wenn dies nicht immer auf legalem Wege möglich ist.

Diese Vielfalt macht neben dem Familienschicksal den besonderen Reiz des Romans aus.

Fazit

Eine unterhaltsame Sommerlektüre für Liebhaber:innen von Emily Bronté.