Medizinmuseum

Von Leichenschauen, Zahnwürmern und Pestmasken.

Für die Leserinnen und Leser des Histo Journals nahm unsere Redakteurin in Ingolstadt die Medizin von der Antike bis zur Gegenwart unter die Lupe. Ihr Bericht über ein ungewöhnliches Museum…

von T.M. Schurkus

Was wird gezeigt?
Das Museum bietet einen Überblick von der Antike bis in die Gegenwart. Der Schwerpunkt der Ausstellungsstücke liegt auf dem 18. und 19. Jahrhundert und der Entstehung der modernen Medizin.

Rückseite des Museums

Für wen lohnt es sich?
Vorkenntnisse sind keine erforderlich. Zu jedem Exponat werden ausführliche Erläuterungen auf Schautafeln gegeben. Bei der Größe des abgedeckten Zeitraums können aber nur Einzelaspekte näher besprochen werden. Autoren, die zu ihren Recherchen Anschauungsmaterial suchen (z.B. frühe Injektionsspritzen, medizinische Standardwerke des Mittelalters etc.) werden hier fündig. Ebenso kann man einige Kuriositäten entdecken. Man verlässt das Museum mit einem guten zeitlichen Überblick (bis wann galt nochmal die „Säfte-Theorie“?; wann gab es die ersten Narkosen am Menschen?; wer hat nochmal den Blutkreislauf als erster beschrieben?)

Zur Geschichte des Museums
In dem Gebäude wurden tatsächlich einst Leichen seziert – es wurde um 1730 als Erweiterung der bayrischen Landesuniversität Ingolstadt als Anatomiebereich errichtet (daher auch die Adresse „Anatomiestraße“). Nach dem Umzug der Universität nach Landshut 1800 wurde das Gebäude für verschiedene nicht medizinische Zwecke genutzt und verfiel dann zusehends. 1973 wurde es dann umfassend saniert und beherbergt heute die größte Sammlung medizinischer Exponate in Deutschland.

Bayrisches Armeemuseum

Meine Highlights
Das barocke Gebäude ist allein schon den Rundgang wert. Ein Blick nach oben lohnt sich: Der ehemalige Anatomiesaal hat ein wundervolles Deckenfresko. Bei den Exponaten hat mich die Pestmaske am meisten beeindruckt – wenn ich krank wäre und jemand käme in solch einer Aufmachung zu mir, träfe mich wohl der Schlagfluss. Was die weibliche Ohnmacht betrifft, so hatte man bis ins 19. Jahrhundert eine sehr anschauliche Erklärung dafür: Man stellte sich die Gebärmutter als im Körper frei bewegliches Organ vor, daher wurde sie oft als Kröte symbolisiert. Versuchte die erschreckte Gebärmutter aus dem Körper zu entkommen, drückte sie aufs Herz und die Frau wurde ohnmächtig.

Besonderes Plus
Zum Museum gehört eine Bibliothek mit einem umfassenden Präsenzbestand medizinischer Werke, dazu gehören auch einzelne historische Schätze. Wer die Bibliothek aufsuchen will, muss sich vorher anmelden. Weiteres auf der Homepage (link unten). Der Kräutergarten zeigt beim Rundgang, wie Apotheker und Ärzte vor der synthetischen Pharmazie gearbeitet haben.

Die Pflanzen sind nach Wirkstoffgruppen eingeteilt, also z.B. Schleim lösend, Fluss hemmend usw. und entsprechen damit der modernen Systematik, die die Säftelehre ablöste. Achtung: im vorderen Garten dürfen Pflanzen nicht angefasst werden, dazu gibt es im hinteren Bereich einen eigenen Duft- und Tastgarten.
Regelmäßige Vorträge und Sonderausstellungen runden das Museumsangebot ab.

Der Kräutergarten 

… und das ist schade:
Das Museum hat wie viele andere ein „Luxusproblem“: Die Ausstellungsfläche ist klein, es kann also immer nur eine Auswahl an Schaustücken gezeigt werden. Auch für die Sonderausstellungen stehen nur einige Schaukästen zur Verfügung.

Gastronomie Angebot
Gibt es keines im Haus. Wenn man sich aber selbst seine „Brotzeit“ mitbringt, findet man im Garten genug stimmungsvolle Sitzmöglichkeiten, auch ein Picknick-Tisch ist vorhanden. Ansonsten reiht sich in der Ingolstadter Innenstadt eine Restauration an die andere.

Und wenn man mit Kindern kommt ….
Es werden keine „drastischen“ Präparate gezeigt, der Grusel- und Ekelfaktor hält sich also in Grenzen. Da aber vieles sehr anschaulich dargeboten wird, kann man Kinder ab ca. 10 Jahren gut mitnehmen.
Erreichbarkeit (Bahn)
Gut. Ingolstadt ist per Regionalexpress an München und Nürnberg angebunden. Der Bahnhof liegt etwas außerhalb der Stadt, man muss also nochmal in den Bus umsteigen, vom Marktplatz sind es dann ca. 10 Min zu Fuß (Navi mitnehmen oder vorher auf die Karte schauen, es geht durch einige Gässchen).

Und wenn man schon mal da ist …
Ingolstadt ist eine typische Stadt des bayrischen Barock, ein Rundgang lohnt sich also (Faltblatt zu den Sehenswürdigkeiten liegen im Museum aus). Einen Besuch wert ist auch das bayrische Armee- bzw. Polizeimuseum im Schloss bzw. im Reduit.Von dem Zusatz „bayrisch“ darf man sich nicht täuschen lassen: es geht um Rüstungen und Kriegsgerät, die überall zum Einsatz kamen. Auf mehreren Etagen findet man Ritterrüstungen, Armbrüste, türkische Sättel und Uniformen des 19. Jahrhunderts. Beschilderungen fehlen leider hier und da, bzw. sind nicht sehr informativ („Rüstung, ca. 1450“).

Information:
Deutsches Medizinhistorisches Museum
Anatomiestraße 18 – 20
D-85049 Ingolstadt

Deutsches Medizinhistorisches Museums
Bayrisches Armeemuseum