Kultur in Zeiten der aktuellen Pandemie – Rebecca Gablé

Auch im Jahr 2021 werden gerade Kulturschaffende die Auswirkungen der Pandemie spüren. Seit vielen Wochen finden keine Lesungen statt, sind Theater und Kinos geschlossen, gibt es weder Konzerte noch Festivals …
Wir wollten daher wissen: Wie erleben Schriftsteller*innen die aktuelle Zeit? Wie gehen sie mit dieser außergewöhnlichen Situation um? Wir haben u.a. Heidi Rehn und Peter Prange zu ihren Eindrücken befragt. In diesem Neujahrs Special meldet sich in den kommenden Tagen jeweils ein*e Schriftsteller*in zu Wort.


Die Autorin Rebecca Gablé
© Olivier Favre

Die Schriftstellerin Rebecca Gablé

Histo Journal: Wie erlebst Du als Schriftstellerin diese Zeit?

Rebecca Gablé: Sehr unterschiedlich. An manchen Tagen empfinde ich die Corona-bedingte Ruhe und die Ereignislosigkeit des Alltags als förderlich für mein schriftstellerisches Schaffen. Es gibt einfach weniger, was mich von der Arbeit ablenken könnte. Aber es gibt auch Tage, da die Sorge um die epidemiologische und gesellschaftliche Situation mir alle Kreativität auszusaugen scheint, und dann ist es schwierig, mich zur Arbeit zu motivieren oder auch nur einen einzigen brauchbaren Satz zustandezubringen. Mir fehlen Kino- und Theaterbesuche, der Austausch mit Freund*innen und Kolleg*innen bei einem netten Abend im Restaurant oder auch nur ein Stadtbummel, bei dem man Menschen sieht und Eindrücke gewinnt – all diese scheinbar so simplen Dinge des »normalen Lebens«, die doch in Wahrheit Inspirationsquellen sind.

Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der Frankfurter und der Leipziger Buchmessen belasten eine ganze Branche. Was müssen Autor*innen jetzt tun, um ihre Existenz zu sichern?

Rebecca Gablé: Ich finde, die Frage müsste eher lauten, was muss die öffentliche Hand tun, um die Existenz soloselbstständiger Autor*innen, Künstler*innen, kleiner Theater ohne öffentliche Förderung etc. zu sichern. Die Marginalisierung und Missachtung der Kreativen in der Krise seitens der politischen Entscheider verschlägt mir manchmal den Atem. In dieser Hinsicht hat sich seit dem Mittelalter wirklich nicht viel geändert. Was wir alle selbst tun können, ist im Grunde doch nur, über soziale Medien und Videochats etc. miteinander in Kontakt zu bleiben, damit wir uns austauschen und gegenseitig stützen und vielleicht gemeinsam Zukunftspläne machen können. Aber ich bin offen gestanden skeptisch, wie viel Resonanz Online-Lesungen oder Aktionen zur Unterstützung des lokalen Buchhandels nach all diesen Monaten noch hervorbringen können.

Histo Journal: Angesichts des vergangenen Teil-Lockdowns und aktuellen Lockdowns – Welche Auswirkungen auf die Kulturbranche befürchtest Du angesichts dieser neuerlichen Beschränkungen und Einschränkungen?

Rebecca Gablé: Ich werde allmählich ziemlich pessimistisch. Ich fürchte, dass viele unabhängige Kultureinrichtungen am Ende der Corona-Krise verschwunden sein werden. Und viele Kulturschaffende werden beim Discounter an der Kasse sitzen oder ähnliches, statt Romane zu schreiben, Theater zu spielen, Musik zu komponieren usw., weil sie während der Krise alle Rücklagen aufgebraucht haben, weil ihre Strukturen weggebrochen sind, die es ihnen ermöglichten, sich mit ihrer Kunst über die Runden zu bringen, weil die wirtschaftlichen Folgen der Krise dazu führen werden, dass weniger Menschen bereit und in der Lage sind, Konzerttickets, Bücher oder Kunstwerke zu erwerben. Die Welt nach Corona wird ärmer und langweiliger sein – zumindest eine Zeitlang. Mein einziger Trost ist, dass Kreativität sich nicht dauerhaft unterdrücken oder kanalisieren lässt. Darum wird irgendwann alles wiederkommen – auch die künstlerische Vielfalt.

Rebecca Gablé studierte Literaturwissenschaft, Sprachgeschichte und Mediävistik in Düsseldorf, wo sie anschließend als Dozentin für mittelalterliche englische Literatur tätig war. Heute arbeitet sie als freie Autorin und lebt mit ihrem Mann am Niederrhein und auf Mallorca. Ihre historischen Romane und ihr Buch zur Geschichte des englischen Mittelalters wurden allesamt Bestseller und in viele Sprachen übersetzt. Besonders die Romane um das Schicksal der Familie Waringham genießen bei Historienfans mittlerweile Kultstatus.

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Aktueller Roman – Teufelskrone
{Waringham Saga 6}
England 1193: Der Bruderkrieg zwischen König Richard Löwenherz und dem jüngeren Prinzen John spaltet das Land. Während Richard England nur als Geldquelle für seine ehrgeizigen Feldzüge in Frankreich und Palästina ansieht, versucht John, die Macht in seinem Vaterland an sich zu reißen. An seiner Seite steht der junge Yvain of Waringham, der in den Dienst des berüchtigten Prinzen getreten ist, um der unglücklichen Liebe zur Verlobten seines Bruders zu entfliehen. Als John nach Richards Tod die Krone erbt, lädt er eine schwere Schuld auf sich und macht Yvain zum Mitwisser einer Tat, die ihrer beider Leben verändern soll …

Rebecca Gablé im Histo Journal:

Interviews
Die Autorin über vertonte Gablé Romane
Die Autorin über vertonte Gablé Romane
Historisches zu »Der König der purpurnen Stadt«
Buchbesprechungen
Der Palast der Meere {Waringham Saga 5}
Die fremde Königin
Hörbuch Rezensionen
Jonah
Die fremde Königin
Das Haupt der Welt
Der Palast der Meere {Waringham Saga 5}

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Morgen: Die Autorin Heidi Rehn