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Filmvorstellung: Amour Fou

Ein Handlungsreisender in Sachen Selbstmord

Im Jahr 1811 tötet der Dichter Heinrich von Kleist an den Ufern eines Sees bei Berlin erst seine Geliebte Henriette Vogel und dann sich selbst mit Pistolenschüssen. Der Film wirft einen Blick auf die Monate, die diesem Ereignis voraus gegangen sind.

© Neue Visionen
Filmverleih

Amour Fou« ist kein Film für Leute, die pralle historische Sittengemälde mögen und große Gefühle vor historischer Kulisse suchen. Es ist ein Film mit Hintertüren – die Tapetentür im Salon der Vogels steht sinnbildlich dafür und als Zuschauer möchte man seiner Neugier nachgehen und sie sofort öffnen. Was befindet sich dahinter? Der Film wird es mit dem ihm eignen Augenzwinkern verraten.

Zunächst erleben wir Salonabende – oder erleiden wir sie? Ein statisch inszeniertes Ensemble lauscht Kunstliedern, mal mehr, mal weniger gekonnt vorgetragen. Die schöne Monotonie des gehobenen Bürgertums oder des kleinen Adels lässt den Zuschauer – vorschnell – zu dem Schluss kommen: Da verwundern Selbstmordgedanken nicht.
Aber Kleist ist nicht der leidenschaftliche Rebell, der sich gegen die Konventionen auflehnt. Er ist ein Stutzer, der mit seinem Wunsch nach einem gemeinschaftlichen Selbstmord inmitten von Teetassen und Kuchenstückchen hausieren geht, wie ein Handelsvertreter aus einem Loriot-Sketch: Wortreich bis an die Grenze zur Karikatur. Christian Friedel spielt den Dichter dabei gekonnt mit einer Mischung aus Unschuld, Unbeholfenheit und Borniertheit. Seine Cousine Marie kann Kleist damit nicht für sein Vorhaben gewinnen. Ja, die Welt sei durchaus furchtbar, lässt sie ihn wissen, aber deswegen müsse man sich ja nicht gleich so hängen lassen …

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