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Babel – Kenah Cusanit

Kenah Cusanit »Babel« –

Es sind gerade einmal ein oder zwei Stunden, die der Roman Babel beschreibt und doch umfassen sie nicht weniger als die Entstehung der abendländischen Kultur. Wir schreiben das Jahr 1913, der Erste Weltkrieg wirft seine Schatten voraus, spürbar auch im Orient. In Bagdad gräbt Robert Koldewey Babylon aus. Die alttestamentarische Stadt, bekannt durch den Turmbau zu Babel, das ehrgeizige Projekt, das Gott mit der Sprachverwirrung bestrafte.
Robert Koldewey leitet die Ausgrabungen im nahen Osten. Nicht nur Babylon, auch die Grabung im nördlich gelegenen Assur steht unter seiner Leitung. Dort arbeitet Walter Andrae, der ehemalige Assistent Koldeweys in Babylon.
Und angesichts der zweifelhaften Kompetenz seines neuen Assistenten Buddensieg trauert Koldewey Andrae hinterher. Nicht nur unter ihm leidet Koldewey, vielmehr macht ihm sein Blinddarm zu schaffen, der ihn auf sein Lager zwingt. Für die Dauer einer Pfeife oder zwei, liegt er still auf seinem Sofa mit Blick über die Grabung und lässt Blicke und Gedanken schweifen. Und diesen schweifenden Gedanken folgt der Leser willig auf den verschlungenen Pfaden der Assoziationen. Soll Koldewey sich in Liebermeisters medizinisches Werk vertiefen, dass zum Thema »Blinddarmentzündung« Erhellung verspricht, fragt er sich unlustig? Ruhe ist angeraten, die auf jeden Fall. Ohnehin ist an Aufstehen oder gar Herumlaufen überhaupt nicht zu denken. Auf der Kommode wartet die Arbeit. Briefe aus Berlin, von der Generalverwaltung der Königlichen Museen, die auf Funde für die Ausstellung drängt und schnellen Grabungserfolg fordert, von der Deutschen Orientgesellschaft, die Zweifel an Koldeweys Ausgrabungskonzept hegt. Und überhaupt Koldewey solle doch wenigstens das bisher Entdeckte endlich …

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