Letzter Teil unseres Specials – Heidi Rehn

Histo Journal Buchvorstellung: Heidi Rehn – »Das doppelte Gesicht«

Gelesen & Notiert von Alessa Schmelzer

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Inhalt
Das doppelte Gesicht – Ein Fall für Emil Graf

München, Stunde null – ein grausames Verbrechen und eine alte Schuld

München, August 1945. Der Krieg ist zu Ende, die Stadt versinkt im Chaos. Die Reporterin Billa Löwenfeld, eine aus dem Exil zurückgekehrte Jüdin, soll den Kriegsheimkehrer Viktor von Dietlitz interviewen – und findet ihn erschossen auf. Der junge und noch unerfahrene Ermittler Emil Graf soll den vermeintlichen Routinefall aufklären. Schon bald geschehen zwei weitere Morde nach demselben Muster. Und Emil findet heraus, dass ausgerechnet Billa die gesuchte Verbindung zwischen den drei Opfern sein könnte … 

Ein hervorragend recherchierter Kriminalroman im München der Nachkriegszeit über die Frage, was einen Menschen zum Täter macht.

Aufbau Verlag
352 Seiten
Aufbau Taschenbuch
978-3-7466-3707-5
12,99 Euro

Eine Leseprobe finden Sie auf der Website des Aufbau Verlags.

»Ganz egal, wie viel Mühe Sie sich geben: Die maßlose Verrohung wird uns wohl noch lange begleiten.« – Billa Löwenfeld

Es ist ein unlösbares Band, das da zwischen der Autorin Heidi Rehn und der Stadt München des frühen 20. Jahrhunderts besteht. Ihre kluge und nuancierte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist allen ihren neueren Romanen gemein. Wie sie selbst in einem Histo Journal Interviews sagt: »In meinen Geschichten möchte ich von Menschen erzählen, die damals gelebt und das alles miterlebt haben. Anders als wir heute haben sie mittendrin gesteckt, konnten die Konsequenzen daraus bestenfalls ahnen, aber keinesfalls wissen, wie es enden würde. An ihrem Beispiel möchte ich zeigen, wie wichtig es ist, sich frühzeitig zu fragen, was man vielleicht anders einschätzen oder interpretieren muss, welche Warnsignale man besser beachtet, was man selbst tun kann, um mitzuhelfen, dass nie wieder Populisten an die Macht gelangen. Nie wieder dürfen Menschen ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrer Art zu lieben oder zu leben oder zu sein wegen verfolgt und vernichtet werden. »Nie wieder!« steht ganz groß über allem, was ich über diese Zeit schreibe. Es ist mir ein Herzensanliegen.«

Kriegsheimkehrer und Displaced Persons

Diesem Ansinnen folgt sie auch in ihrer neuen historischen Kriminalreihe um den Ermittler Emil Graf. Die Autorin Rehn hat sich für Grafs ersten Fall offenbar das Thema ›Kreigsheimkehrer‹ und ›Displaced Persons {DPs}‹ herausgepickt und in eine von der ersten Seite an spannende und aufwühlende Kriminalhandlung gepackt.
Als Leser*innen finden wir uns knapp drei Monate nach Kriegsende im zerstörten München wider. Die Nationalsozialsten sind am Ende und das Volk, das dieser menschenverachtenden Ideologie bis zum Äußersten willig gefolgt war, findet sich plötzlich auf der Verliererseite wider und flüchtet sich in eine pervertierte Opferrolle. Nach Deutschlands Kapitulation haben die Alliierten Deutschland in vier Sektoren unterteilt. Die Stadt München gehört zur amerikanischen Besatzungszone. Die Amerikaner organisieren und strukturieren die Stadt um; zum Beispiel indem sie die Mordkommission sowie Kriminalpolizei neu aufbaut, denn diese hatte es einige Wochen lang überhaupt nicht gegeben.
Die junge Reporterin Billa Löwenfeld kehrt von New York in ihre einstige Heimatstadt zurück, um für ein amerikanisches Magazin Kriegsheimkehrer zu interviewen. Billa erscheint pünktlich zum ausgemachten Termin in Viktor von Dietlitz Wohnung, findet den Kriegsheimkehrer jedoch ermordet vor und ruft die Polizei. Emil Graf ist einer jener Ermittler, der von den Amerikanern neu eingesetzt worden ist. Emil soll den vermeintlichen Routinefall lösen. Doch es geschehen weitere Morde und Emil vermutet, dass Billa ihm nicht die ganze Wahrheit sagt … 

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Fazit

»Das doppelte Gesicht« ist ein spannender Auftakt einer vielversprechenden, neuen Krimireihe aus der Feder Heidi Rehns.

Histo Journal kurzes Interview: Heidi Rehn

Gefragt & Notiert von Alessa Schmelzer

Kurz Interview zu ›alten und neuen Kommunikationswegen mit Leser*innen‹

Histo Journal: Heidi Rehn hat jetzt auch einen eigenen YouTube Kanal. Was hat Dich zu diesem Schritt bewogen?

Heidi Rehn: Die Idee entstand im ersten Lockdown im Frühjahr. Es ging mir darum, mit meinen Leser*innen weiter in Kontakt zu bleiben und ihnen die Möglichkeit zu bieten, einen Einblick in meine Arbeit, den Hintergrund meiner Recherchen und Romane zu bekommen, einen ersten Eindruck von dem zu erhalten, was ich in ähnlicher Form – aber viel anschaulicher, da direkt an den Romanschauplätzen – bei meinen literarischen Spaziergängen in München anbiete.

Histo Journal: Welche Inhalte teilst Du über dieses Medium?

Heidi Rehn: Bislang habe ich zu einigen Schwerpunkten aus den Romanen historische Hintergründe referiert, auch eine Lesung aus meinem Kaufhausroman eingestellt.

Histo Journal: Welche Erwartungen hast Du an YouTube gestellt?

Heidi Rehn: Es ist eine andere Form der Kommunikation mit meinen Leser*innen, leider sehr einseitig, aber dafür erreiche ich dort vielleicht neue Leserkreise und mache sie neugierig auf meine Romane.

Histo Journal: Haben sich diese erfüllt?

Heidi Rehn: Das kann ich noch nicht wirklich abschätzen.

Histo Journal: Wie bewertest Du Deine Erfahrung mit YouTube? Ist es ein geeignetes Medium für Schriftsteller*innen?

Heidi Rehn: Es ist eine gute Ergänzung für mich zu dem, was ich bereits in abgewandelter Form bei meinen Romanspaziergängen live mache. Da mir der Kontakt zu meinen Leser*innen sehr wichtig ist, ich ihnen sehr gern noch weiteres Hintergrundmaterial zu meinen Romanen gebe, ist es für mich eine gute Möglichkeit, das auf diesem Weg zu tun. Der Aufwand ist allerdings immens. Außerdem muss man es mögen, vor der Kamera zu stehen. Mir macht das Spaß, ich liebe es generell, aus meinen Romanen zu lesen oder über sie zu sprechen, sonst würde ich es nicht tun.

Histo Journal: Wie haben Deine Leser*innen reagiert?

Heidi Rehn: Bislang haben sie es sehr erfreut aufgenommen. Gerade diejenigen, die aufgrund der räumlichen Entfernung nicht an meinen Romanspaziergängen in München teilnehmen können, waren begeistert, nun auf diese Weise eine Alternative kennenzulernen. Das empfinde ich als großen Ansporn, weiterzumachen.

Histo Journal: Welche anderen sozialen Plattformen nutzt und favorisierst Du neben YouTube?

Heidi Rehn: Wie die meisten KollegInnen bin ich seit vielen Jahren mit einer Autorenseite bei Facebook aktiv, ebenso bei Instagram. Derzeit scheint mir Instagram die für mich persönlich bestgeeignetste Plattform, da sich dort sehr leicht Fotos, Gedanken, Anmerkungen hochladen lassen. Das ermöglicht meinen Leser*innen einen Einblick in meinen Autorenalltag, meine Recherchen, aber auch meine persönliche Gedankenwelt. Was mich beschäftigt, interessiert, was ich lese und tue, wenn ich nicht am Schreibtisch sitze.

Histo Journal: Gerade sind zwei neue Bücher im Aufbau Verlag erschienen. »Die Tochter des Zauberers« und »Das doppelte Gesicht«. Welche Unterschiede im Zuge der Einschränkungen infolge der aktuellen Pandemie zu vorherigen Romanneuerscheinungen?

Heidi Rehn: Da ich ein bekennender Messemuffel bin, hat mich der Ausfall bzw. die Verlegung ins Digitale weniger berührt. Was mir allerdings sehr fehlt, sind Lesungen sowie meine literarischen Spaziergänge. Da fanden nur wenige statt. Ich hoffe, das wird nächstes Jahr wieder anders.

Histo Journal: Vielen Dank für das Interview, Heidi!

Heidi Rehn, Jahrgang 1966, wuchs im Mittelrheintal auf und kam zum Studium der Germanistik und Geschichte nach München. Seit vielen Jahren widmet sie sich hauptberuflich dem Schreiben. 2014 erhielt sie den »Goldenen Homer« für den besten historischen Beziehungs- und Gesellschaftsroman. Als »Kopfkino live« bietet sie sehr erfolgreich Romanspaziergänge durch die Münchner Innenstadt an, bei denen das fiktive Geschehen eindrucksvoll mit der realen Historie verbunden wird.
Im Aufbau Taschenbuch ist von ihr der Roman »Die Tochter des Zauberers – Erika Mann und ihre Flucht ins Leben« sowie der historische Krimi »Das doppelte Gesicht« erschienen.

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Aktueller Roman – Die Tochter des Zauberers – Erika Mann und ihre Flucht ins Leben
New York, 1936: Erika hofft darauf, mit ihrem politischen Kabarett die Amerikaner für den Kampf gegen Hitler zu gewinnen. Dann lernt sie im Kreis der europäischen Exil-Künstler einen Mann kennen, der ihr mehr bedeutet, als sie jemals für möglich gehalten hätte – den Arzt und Lyriker Martin Gumpert, der fasziniert ist von ihrer Stärke und Unabhängigkeit. Bald muss sie sich entscheiden: Ergreift sie die Chance, sich als Kämpferin für Frieden und Freiheit zu etablieren, oder setzt sie ihr persönliches Glück an erste Stelle?
Die bislang unbekannte Liebesgeschichte einer großen Frau, die sich in einer düsteren Epoche behaupten muss …

Aktueller Krimi – Das doppelte Gesicht – Ein Fall für Emil Graf
München, August 1945. Die Stadt versinkt im Chaos. Die Reporterin Billa Löwenfeld, aus dem Exil zurückgekehrte Jüdin, soll den Kriegsheimkehrer Viktor von Dietlitz interviewen. Doch sie findet ihn erschossen auf. Der noch unerfahrene Ermittler Emil Graf soll den vermeintlichen Routinefall klären. Wenig später gibt es zwei weitere Morde nach demselben Muster – und der totgeglaubte Viktor von Dietlitz taucht wieder auf. Eine Verwechslung? Bald entdeckt Emil, dass ausgerechnet Billas Mutter die gesuchte Verbindung zwischen den drei Opfern ist …</p>

Heidi Rehn im Histo Journal:

Special zu Heidi Rehn
5-teiliges Special – Die Autorin Heidi Rehn
Interview
Tanz des Vergessens
Heidi Rehn – Historisches über »Der Sommer der Freiheit«
Werkstattgespräch

Gastbeitrag
Gretchen mag’s mondän

Buchbesprechung
Der Sommer der Freiheit
Tanz des Vergessens

Autorenportrait
Heidi Rehn im Portrait

Hier gelangen Sie zur Website der Autorin.

Aktuelles Special zu Heidi Rehn

Sonntag, 10. Januar: Interview zu Erika Mann
Dienstag, 12. Januar: Buchbesprechung des Romans »Die Tochter des Zauberers – Erika Mann und ihre Flucht ins Leben«
Donnerstag, 14. Januar: Kurz Interview zu ›alten und neuen Kommunikationswegen mit Leser*innen‹ sowie Ausblick und ausführliche Vorstellung ihres neuen historischen Krimis »Das doppelte Gesicht – Ein Fall für Emil Graf«