Der Dichter des Teufels

Buchbesprechung: T.M. Schurkus – »Der Dichter des Teufels«

Gelesen & Notiert von Alessa Schmelzer

»Ich kann von einem Grashalm sagen, wann er zuletzt den Feind gesehen hat.«


»Der Dichter des Teufels«
T.M. Schurkus

Inhalt:
Ein einsames Dorf anno 1812: Im Hunsrück glaubt man noch immer an dunkle Gestalten, die der Teufel höchstselbst auf die Erde schickt, um die Menschen heimzusuchen. Der Gendarm Picaud gibt nichts auf dieses Geschwätz – bis der junge Handwerksbursche Ferdinand ihn um Hilfe bittet: Seine Braut Lucinde ist in der Hochzeitsnacht verschwunden. Aber wurde die junge Frau wirklich von Dämonen geraubt? Picauds Ermittlungen führen nach Heidelberg. Dort begegnet er dem Dichter Sylavon, dessen Werk von Schauergestalten und Teufelswerk erzählt – und der eine geheimnisumwitterte rote Tinte begehrt, für die ihm kein Preis zu hoch ist …

Leseprobe


Trailer


Behauptet der Gendarm Jean-Louis Picaud, den es im Jahre 1812 in die Ortschaft Simmern im Hunsrück {noch bis 1814 sollte es zu Frankreich gehören} verschlägt. Und er muss es wissen, denn als ehemaliger ›tirailleur‹ hat er ganze vierzehn Jahre in der napoleonischen Armee gedient. Jetzt allerdings müssen die Schlachtfelder auf den einstmals so mutigen Recken verzichten. Eine Verletzung zwang ihn zum Rollenwechsel – als Invalide versieht er nun seinen Dienst als ein dem Code Napoleon verpflichteter Gendarm. In seinem ersten Fall sieht sich Picaud mit stinkenden Nachtkrumpen, Elfen und allerlei Teufelswerk konfrontiert. Im nahen Soonwald verschwinden immerzu Menschen – und zwar spurlos. Eine Erklärung ist schnell gefunden. Treibt dort nicht ein untoter Graf aus dem Mittelalter sein Unwesen? Tatsächlich ist Lucinde, die schöne Braut des Handwerkers Ferdinand, just in der Hochzeitsnacht von eben diesen übelriechenden Kreaturen entführt worden. Ferdinand ist verzweifelt. Er glaubt nicht an Lucindes Tod und will sie wiederhaben. So nimmt sich Picaud der Sache an. Für ihn haben Zauberei und Magie in der realen Welt keinen Platz, gehören Untote und derlei Unwesen ins Reich der Phantasie. »Denken Sie Vernunft«, ermahnt Picaud jeden der es hören mag oder auch nicht {seine fehlerhafte Grammatik ist einfach zu charmant}. Die Suche nach Lucinde führt Picaud, Ferdinand und die mysteriöse Zigeuner-Marie schließlich bis nach Heidelberg. In der Stadt der ›Heidelberger Romantik‹ muss Picaud erkennen, dass alchemistischer Zauber gepaart mit Größenwahn eine gefährliche Kombination darstellt, der mit Vernunft nur schwer beizukommen ist.

Columbo im Hunsrück

Als stolzer Franzose liebt Picaud seinen ruhmreichen Kaiser, die Frauen und natürlich die Vernunft. Letztere lässt ihn dem verzweifelten Ferdinand helfen, denn eine Frau ausgerechnet in der Hochzeitsnacht zu verlieren ruft die romantische Seite des Franzosen auf den Plan. Picaud erweist sich als feinfühliger und einfühlsamer Mensch, der zwar viel auf die Vernunft gibt {gemäß französischen Rechts legt Picaud großen Wert auf peinlose Zeugenbefragung}, dessen letztlich weiches Herz in entscheidenden Momenten aber trotzdem häufig die Oberhand gewinnt.
Es ist die Schauerromantik mit all ihren morbiden und melancholischen Elementen und scheinbar geistig entrückte Dichter, in Geheimbünden organisiert, die im Magischen der Alchemie nach dem besonderen ›Kick‹ für ihr literarisches Schaffen suchen, die für »Der Dichter des Teufels« Pate gestanden haben. Mit Picauds erstem Fall präsentiert Schurkus einen ebenso spannenden wie unterhaltsamen historischen Kriminalroman. Als schaurige Kulisse fungiert der Hunsrück, der schon so manchem Teufel Unterschlupf bot. Hunsrück, Simmern und Soonwald – all diese Gebiete hat Schurkus bereist und sich von der schaurig-schönen Gegend inspirieren lassen {hier im Histo Journal nachzulesen}.

Mit Picaud hat die Autorin eine herrlich kauzige und gleichsam liebenswerte Figur geschaffen. Wenige Seiten reichten aus um mich für den eigenbrötlerischen Gendarm einzunehmen. Dessen Weisheiten, wie: »Englisch muss man nicht lernen, diese Sprache ist zusammengeraubt, wie alles, was die Engländer besitzen.« nicht nur bei Ferdinand oder dem mysteriösen Dichter Sylavon Unverständnis hervorlocken. Wobei sich nicht nur letzterer dem kleinen {ist er wirklich klein?} Gendarm zunächst überlegen fühlt. Und so erinnert mich Picaud auch ein wenig an ›Columbo‹, den gewieften Inspektor des Los Angeles Police Departments. Gleichviel. Denn am Ende kann nur einer gewinnen…selbst im finsteren Soonwald.

Fazit:

»Der Dichter des Teufels« ist ein gelungener Auftakt zu einer neuen historischen Krimireihe. Und so viel sei verraten – nach der Lektüre sehen wir so manchen berühmten Dichter mit völlig anderen Augen…