Marzipan

Marzipan

Eine orientalische Köstlichkeit

Das oder der Marzipan ist eine aus blanchierten und geschälten Mandeln und Zucker {Marzipanrohmasse} hergestellte Masse. Das Verhältnis von Rohmasse und zusätzlichem Zucker bestimmt die Qualität des Produktes. Weltbekannt für die Marzipanproduktion sind Toledo {Spanien}, Aix-en-Provence {Frankreich} und Lübeck {Deutschland}.

von Ilka Stitz

Kulturhistoriker sind sich weitgehend einig, dass Marzipan seinen Ursprung im Orient hat, auch wenn es der Legende nach 1407 in Lübeck entstanden sein soll. Dort soll nach einer Hungersnot dieses ›Brot‹ erfunden worden sein, als es in der Stadt nur noch Zucker und Mandeln gab. Gleiches wird jedoch auch 1409 aus Königsberg berichtet. Allerdings hätten die kostbaren Mandeln und der Zucker jederzeit gegen größere Mengen Lebensmittel getauscht werden können …

Marzipan wurde vermutlich in Persien, dem heutigen Iran {»Haremskonfekt«} erfunden. Es kam im Mittelalter mit den Arabern nach Europa. In Venedig wurde es im 13. Jahrhundert als Marzapane erwähnt. Im 14. Jahrhundert war Marzipan beim gehobenen europäischen Adel als Konfekt sehr beliebt. Es wurde zunächst wie andere Süßwaren von Apothekern hergestellt. In dieser Zeit wurde der aus Mandeln, Zucker und Rosenwasser hergestellte Süßteig als Arzneimittel gegen Verstopfungen, Blähungen sowie als Potenzmittel verkauft. 1514 verbot die Stadt Venedig das Vergolden von Marzipan als übertriebenen Luxus. Laut Mercks Warenlexikon von 1920 findet sich die Bezeichnung Marzipan in Lübecker Zunftrollen um 1530. »Als die Rübenzuckerproduktion in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die entsprechende Rohstoffbasis bot, begann die Verbürgerlichung des Marzipans. Die Mandeln wurden aus Übersee geliefert, man verarbeitete sie frisch, und so waren schon 1820 das Lübecker und das Königsberger Marzipan berühmt, weil die Konditoren die günstige Lage in den Hafenstädten nutzten.«

1806 gründeten unabhängig voneinander zwei Konditoren die ersten Marzipanmanufakturen im deutschsprachigen Raum. In Reval {heute Tallinn/Estland} der Schweizer Konditor Lorenz Cawietzel und in Lübeck Johann Georg Niederegger. Heute besteht zwischen Lübeck und Tallinn Uneinigkeit darüber, auf wen genau die Erfindung des Marzipans zurückgeht. Da beide Städte Mitglied der Hanse waren und somit ein regelmäßiger Austausch von Handwerkern und Kaufleuten stattfand, wird sich die letztendliche Herkunft wahrscheinlich nicht mehr genau klären lassen.

In fränkischen Städten wie Nürnberg wurde Marzipan im 17. und 18. Jahrhundert zu Weihnachten in Modeln aus Holz, Zinn oder Ton gegeben, um so Formen und Figuren zu erhalten. Häufig waren biblische Motive, aber auch Wappen, später Bauern, Handwerker, Herzen oder Rauten. Die Nürnberger Patrizier ließen ihre Familienwappen aus Marzipan fertigen, die sie an Bekannte verschenkten.

Die Herkunft des Wortes Marzipan ist bis heute umstritten. Sicher ist nur, dass das Wort im 16. Jahrhundert aus dem italienischen marzapane entlehnt wurde. Möglicherweise leitet sich marzapane von der birmanischen Stadt Martaban ab, die für dort hergestellte Keramiktöpfe bekannt war und ist, in denen verschiedene Gewürzwaren und Süßigkeiten aufbewahrt und verkauft wurden. Im Persischen, Arabischen und Urdu übertrug sich der Ortsname martaban auf die Krüge selbst und wurde im Spätmittelalter in dieser und ähnlicher Bedeutung auch in verschiedene romanische Sprachen entlehnt; eine Bedeutungsübertragung vom Gefäß auf den Inhalt käme durchaus als Erklärung für den Namen der Süßigkeit in Betracht.