1815 – Blutfrieden

Kurz & Knapp: Sabine Ebert »1815 – Blutfrieden«

Schon mit »1813 – Kriegsfeuer« entwarf die Autorin Sabine Ebert ein bildgewaltiges Historienepos. Dementsprechend gespannt erwarteten ihre Leserinnen und Leser den Folgeband, der mit »Blutfrieden 1815« nun vorliegt. Er kann – muss aber nicht – als solitäre Geschichte gelesen werden.

Gelesen & Vorgestellt von Alessa Schmelzer


Inhalt
Deutschland im Herbst 1813: Als Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen wird, ist er noch lange nicht besiegt, und niemand ahnt, dass es mehr als anderthalb Jahre dauern soll, bis er 1815 bei Waterloo endgültig bezwungen wird. Statt des erhofften Friedens kommt immer größeres Elend über viele deutsche Städte. Die fliehende Grande Armée zieht eine Spur aus Blut, Hunger, Verwüstung und Krankheit durch das Land. Auch die junge Henriette, die nach Leipzig ging, um Verwundeten zu helfen, muss die Stadt verlassen und Hals über Kopf heiraten, um zu überleben. Als in Wien nach zynischem Schacher endlich Frieden geschlossen wird, ist Europa neu geordnet – aber unter blutigen Opfern. In bewegenden Szenen beleuchtet Sabine Ebert die kaum bekannte Zeit zwischen Völkerschlacht und Waterloo, die für viele deutsche Städte von unglaublicher Dramatik war. Dafür hat die Bestsellerautorin über Jahre hinweg Tausende Seiten Originalquellen studiert und eng mit Historikern und Militärs zusammengearbeitet. Entstanden ist etwas Großartiges und Seltenes: Geschichte, die unter die Haut geht!

Erschienen im Droemer Knaur Verlag. Zur Website des Verlags.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Autorin.

Das Leid ›der kleinen Leute‹

Die Völkerschlacht ist zwar passé, doch Napoleon ist nicht geschlagen. Mit seiner Grande Armée zieht er marodierend durch die Lande und hinterlässt eine Spur des Elends. Denn in ihrem Gepäck haben die Soldaten neben Hunger und sonstigen menschlichen Gelüsten auch Krankheiten, vor allem Typhus. Und es werden noch Monate vergehen, ehe der kleine General in der Schlacht von Waterloo endgültig die Segel streichen muss …

Wie schon in ihren bisherigen historischen Romanen interessiert sich Ebert vor allem für das Leid ›der kleinen Leute‹. Und so steht folgerichtig nicht der große Napoleon im Mittelpunkt der Geschichte, sondern Henriette. Sie ist es, den der Leser begleitet und durchlebt eine aufwühlende Zeit deutscher wie europäischer Geschichte. Wie kompliziert das Machtgefüge oder wie komplex die Vielzahl der historisch verbürgten Personen auch sein mögen, Ebert manövriert ihre Leser souverän durch diese wechselvolle Geschichte. Und was immer auch Napoleon I. Bonaparte, Friedrich August I., Friedrich Wilhelm III. oder Gebhard Leberecht von Blücher hinter geschlossenen Türen aushecken mochten, die Auswirkungen dieser ›Idées‹ hatten vor allem Menschen ›wie du und ich‹ zu tragen.
Kurz: Langweilig wird es in diesem mehr als 1000 Seiten umfassenden Roman nie.

Ein früher Henry Dunant

Die Hauptfigur des Romans ist aber Henriette. Zuviel soll an dieser Stelle über ihr Schicksal nicht verraten werden. Doch eines ist klar: Sie ist es, die das Schicksal, das unvorstellbare Leid ›der kleinen Leute‹ sichtbar und somit für den Leser erfahrbar macht. Denn Henriette erlebt dieses Leid hautnah. Aufopferungsvoll rettet und pflegt sie Verwundete aller Nationen und distanziert sich somit klar vom Pathos ihrer Zeitgenossen, die den Krieg bejubeln. Das Leid der Soldaten rührt sie nicht nur, es zwingt sie zum Handeln. Gleichgültig wer der Verwundete nun ist, ob Freund oder Feind. Sie schert sich nicht um ›die Unseren‹ und ›die Anderen‹. Damit beweist Henriette nicht nur Mut, sondern lässt christliche Werte wie Mitgefühl und Barmherzigkeit aufleben. Damit greift Ebert natürlich ein paar Jahre vor. Erinnert ihre Henriette hier doch stark an Henry Dunant, eines der Gründungsmitglieder des Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege {vielen besser bekannt als ›Rotes Kreuz‹}.

Mammutrecherche

Recherche ist das täglich Brot eines Autors historischer Romane. Ebert – so lässt der Verlag wissen – las für beide Romane über 50.000 Seiten Recherche Material. Wie viel auch immer es nun gewesen sein mag, es hat sich gelohnt und den Roman zu einer authentischen und überaus lebendigen Geschichte werden lassen.

Extras

Die Aufmachung wird das Herz eines jeden Bibliophilen erfreuen. Droemer Knaur liefert »Blutfrieden – 1815« wie schon den Vorgänger zunächst als Hardcover. Das Cover ziert ein Gemälde von Johann Lorenz Rugendas, es zeigt die »Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815«. Löst man den Umschlag kann der Leser dieses Schlachtbild vergrößert im Inneren desselben betrachten. Das ist allerdings nicht alles, denn der Umschlag lässt sich aufklappen und präsentiert eine geografische Karte Europas nach dem Wiener Kongress.
Im Buch selbst sind zwei Karten zur besseren geografischen Orientierung abgedruckt. Am Schluss des Buches findet der Leser zudem eine Übersicht der fiktiven und realen Personen sowie ein Glossar.

Fazit

Ebert liefert mit »Blutfrieden 1815« eine bis zum Schluss fesselnde Geschichte über eine Phase der deutschen und europäischen Geschichte, die letztlich wohl einem kollektiven Vergessen zum Opfer gefallen ist. Vor allem aber liest sich ihr Roman als ein flammendes Plädoyer für den Frieden.
Absolut lesenswert.