Napoleon

Napoleon und {k}ein Ende

Aktuelle Ausstellungen & Bücher zum Thema »Napoleon«

von T.M. Schurkus

Am Anfang war Napoleon« – mit diesem Satz beginnt ein bekannter Historiker seine Abhandlung über das moderne Europa. Eine historische Gestalt wie Napoleon scheint zu groß, als das ein einziger Gedenktag genügen würde, also liegt eine ganze Dekade hinter uns, die von der Erinnerung an napoleonische Ereignisse geprägt war: von Austerlitz {1805-2005} bis Waterloo {1815-2015} jährten sich etliche zum 200. Mal. An dieser Stelle soll ein kleiner Überblick geboten werden über Veranstaltungen und Veröffentlichungen, wobei die Auswahl ganz subjektiv ist.

Eine der größten Ausstellungen zum Thema fand 2010/2011 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn statt. Unter dem Titel »Napoleon und Europa – Traum und Trauma« sind Exponate aus 16 Ländern weltweit zusammen getragen worden, dokumentiert in dem ausführlichen Begleitband unter dem selben Titel, erschienen im Prestel Verlag. Aufsätze über Napoleon als Gegenstand der Satire, über die Wiederentdeckung der Antike oder über die Feldchirurgie der Zeit, jeweils versehen mit ausführlicher Bibliografie, machen den Band zum hochwertigen Nachschlagewerk über die Zeit.

Schon in der Ausstellung »Bayerns Krone 1806« hat der heutige Freistaat seine enge historische Verbundenheit mit den von Napoleon ausgelösten Ereignissen dokumentiert. In diesem Jahr folgt nun die bayrische Landesausstellung »Napoleon und Bayern« im Neuen Schloss {Armeemuseum} Ingolstadt. Vom 30.04 bis zum 31.10.2015 werden Exponate gezeigt, die Bayerns Weg vom Bündnispartner zum Gegner Napoleons skizzieren, denn nachdem die Bayern Frankreichs Unterstützung gegen Österreich mehrfach eingefordert hatten, stellten sie sich in der Völkerschlacht von Leipzig {1813} an die Seite Preußens {mit der Erwähnung dieses historischen Details kann man in Bayern Wirtshausschlägereien auslösen}. Mehr zur Ausstellung und dem Begleitprogramm erfahren Sie ▹hier.

Anders als die Bayern blieben die Rheinländer weitgehend treue Untertanen Napoleons bis 1815 die verbündeten Mächte einmarschierten. Auf dem Wiener Kongress, der im selben Jahr statt fand, war daher klar, dass man das Rheinland nicht bei Frankreich lassen wollte. Wer sollte statt dessen dort herrschen? Nach dem Schlagwort der ›Legitimität‹ suchte man das wichtigsten Adelsgeschlecht, das dort zuletzt die Macht ausgeübt hatte und das waren die Wittelsbacher, die nun die Krone in Bayern trugen. Allerdings hatten die es nach englischer Meinung zu lange mit Napoleon gehalten und als großer Geldgeber für alles sorgten sie dafür, dass das {katholische} Rheinland an {das protestantische} Preußen ging. Die wollten es zunächst nicht haben und an Holland verkaufen, dann folgte aber doch eine lange gemeinsame Geschichte. Ein Blick auf diese Zwangsehe wirft die Ausstellungsreihe »Danke Berlin – 200 Jahre Preußen am Rhein« in Köln. Im Titel ist die These gleich enthalten: Die preußische Zeit des Rheinlands werde bisher zu negativ gesehen. Berlin hat aber wieder einen guten Ruf, also höchste Zeit für eine Neubewertung, Geschichte ist manchmal eben {zu} geduldig.
Noch bis zum 18.10 kann man eine Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen besuchen, die einen Blick auf das ambivalente Verhältnis werfen.

Infobox 1: Bildmaterial

Josephine

Josephine

Napoleon

Napoleon um 1815

Russland

Napoleon und Zar Alexander

Bayern

Napoleon Ausstellung Bayern

Napoleon 2

Napoleon zu Pferd

Verwundete

Verwundete

Bayern und Preußen – zwei ehemalige Verbündete, die zu Gegnern Napoleons wurden. Und das gilt auch für Russland. Seit 1801 regierte dort der junge Zar Alexander. In der Schlacht von Austerlitz war er von Napoleon besiegt worden, im Vertrag von Tilsit schloss er sich mit ihm gegen England zusammen und besaß, zumindest vorübergehend, auch eine große persönliche Begeisterung für den französischen Kaiser. Die besondere Beziehung zwischen der Familie Bonaparte und dem Zarenhaus beleuchtet die Ausstellung in der Amsterdamer Hermitage mit dem Titel »Alexander, Napoleon und Joséphine«. Noch bis zum 08.11.15 kann man dort durch politische und persönliche Exponate streifen und mancher Anekdote begegnen. Etwa der, das Josephine, Ex-Frau Napoleons, den Zaren nach dem Einmarsch seiner Truppen in Paris durch ihren Rosengarten führte und zwar so leicht bekleidet, dass sie an einer Lungenentzündung erkrankte und 1814 starb.

Solche und andere Legenden über Napoleon und sein Umfeld hat der französische Historiker und Publizist Max Gallo zusammen getragen. Sein Roman »Napoleon« ist in Deutschland in zwei Bänden im Aufbau Taschenbuch Verlag erschienen und gab übrigens auch die Vorlage für die große europäische Miniserie mit zahlreichen Stars wie Christian Clavier, Isabella Rossellini und John Malkovich.
Ein erzählerisches Gesamtbild der Familie Bonaparte entwirft Cornelia Wusowski in ihrem Buch »Die Familie Bonaparte – Der Roman einer Epoche« erschienen im Knaur Verlag.
In den Jubiläumsjahren sind weitere zahlreiche Sachbücher erschienen, etwa über den Russlandfeldzug {Beck Verlag}, sowie Biografien über Napoleon. Walter Scott gehörte Mitte den 19. Jahrhunderts zu den ersten Biografen des französischen Kaisers und seitdem ›erschreibt‹ sich jede Generation ihren Napoleon. Das Gleiche gilt für die Belletristik und dazu gehört natürlich eines der größten Werke der Weltliteratur »Krieg und Frieden« von Leo Tolstoi. Vor einigen Jahren brachte das deutsche Fernsehen eine recht werkgetreue Neuverfilmung in mehreren Teilen. Die US-Version mit Henry Fonda als Pierre und Audrey Hebburn als Natascha besitzt aber zweifellos den größeren Charme.

Napoleon soll einmal gesagt haben »Mein Leben ist ein Roman« und stets hat er am ›Plot‹ gefeilt. Wenn er als Herrscher auch entmachtet wurde, als ›Plotvorlage‹ war er äußerst erfolgreich und spätestens 2021 – zu seinem 200. Todestag am 05.05 – werden wir wieder von ihm hören.