Histo Journal Special: Cornelia Haller im Interview

»Während Kramer lebte wurden Hexenprozesse fast so etwas wie eine Modeerscheinung und zu einer Art Katharsis für die Bevölkerung.«

Es war der Kampf um den rechten Glauben, den die Kirche damals mit aller Macht führte {und letztlich immer noch führt}. Cornelia Haller spricht in diesem Interview über verfolgte und verbrannte Frauen, einen sadistisch veranlagten Dominikanermönch und wer ihr bei ihren Romanen in Fragen ›Frauensachen‹ hilfreich zur Seite steht.

von Alessa Schmelzer

Histo Journal: In »Seelenfeuer« erzählst du die Geschichte der jungen Hebamme Luzia, die im Jahr 1483 nach Ravensburg kommt und später der Hexerei verdächtigt wird. Warum gerät sie mit der Obrigkeit in Konflikt?

Cornelia Haller {CH}: Nun, Luzia entspricht von vornherein nicht dem gängigen Frauenbild. Luzia ist überaus wissbegierig und auch ein kleinwenig starrköpfig. Ihr ist es wichtig, dass sie versteht, was um sie herum geschieht. Dabei ist ihr ihre Arbeit als Hebamme sehr wichtig und im Gegensatz zu Grete, die ja auch zu den Frauen geht, verlässt sich Luzia lieber auf sich selbst und auf ihr Können und Wissen. Sie weigert sich die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, was das Schicksal für sie bereithält. Genau diese Eigenschaften sind es, die sowohl dem Kaplan, als auch dem alten Stadtmedicus und letztlich auch Grete sauer aufstößt. Weibliche Wissbegier durfte damals allenfalls hinter Klostermauern geduldet werden. Weit weg vom tatsächlichen Leben, wo sie keinen Schaden anrichten konnte.

Histo Journal: Du lebst am Bodensee. Das war aber nicht Hauptgrund die Geschichte in Ravensburg spielen zu lassen, oder?

CH: Nein, obwohl ich meine Heimat sehr liebe und allein das schon Grund genug gewesen wäre, habe ich Ravensburg gewählt, weil sich dort nachweislich 1483/84 die erste, systematisch durchgeführte, Hexenverfolgung ereignete. Quellen belegen, dass Heinrich Kramer als Inquisitor von ganz Oberdeutschland im Herbst 1484 in Ravensburg und in der gesamten Diözese Konstanz seine Macht erprobte und anschließend den Hexenhammer {lat. Malleus Maleficarum} verfasst hat. In seinem unseligen Werk wird Ravensburg über zweiundzwanzig mal erwähnt.

Histo Journal: Lügen, Verdacht der Hexerei, Kerker und Inquisition – es ist keine leicht verdauliche Lektüre, denn die Hauptfigur Luzia muss einiges an Ungemach und Schmerzen ertragen … Wie viel in deinem Roman ist Wahrheit, wie viel Fiktion?

CH: Auch wenn es überraschen mag, haben sich weite Teile aus »Seelenfeuer« tatsächlich so zugetragen. So hat sich etwa das Unwetter, welches im Jahr 1484 weite Teile des Bodenseeraums und das angrenzende Schussental zerstörte, tatsächlich so ereignet. Kaplan Grumper, der im wahren Leben Gremper hieß wird in den 1480er Jahren tatsächlich als Schulmeister, Notar und eben als Pfarrherr geführt. Er war es dann auch, der Heinrich Kramer nach Ravensburg bat. Der Inquisitor kam und predigte mehrfach in der Liebfrauenkirche. Dabei forderte er die Bevölkerung in aggressiver Weise auf, sie mögen ›verdächtige‹ Personen melden, andernfalls drohte er ihnen mit der Exkommunikation, was damals eine unvorstellbar schwere Strafe darstellte. Nachweislich wurden daraufhin mehrere Frauen inhaftiert und sehr schwer gefoltert. Genau wie im Roman, wurden schließlich zwei Frauen verbrannt. Sowohl die Hexenprobe, als auch das Rasieren des gesamten Haars, findet sich genauso im Hexenhammer wieder. Im Haar fürchtete Heinrich Kramer, könnten sich Dämonen verbergen, die der ›Hexe‹ Macht und Kraft verleihen. Selbst das Instrument zum Auffinden eines Hexenmals, welches mit einer ausfahrbaren Nadel ausgestattet war, hat es tatsächlich so gegeben. Die Folter entspricht ebenfalls dem damaligen Stand. Wobei ich die einzelnen Szenen, für den Roman bewusst abgeschwächt habe. Hätte ich Luzia zugemutet, was die Frauen damals erdulden mussten, hätte »Seelenfeuer« ein anderes Ende genommen.

Folterung
Hans Ueli {1577}

Histo Journal: Du hast es gerade gesagt – allein die Androhung einer Exkommunikation versetzte die Menschen in Angst und Schrecken, weil sie ihr Seelenheil, und die Möglichkeit in den Himmel aufzufahren riskierten. Welchen Eindruck hattest du – hat Kramer diese Furcht {nicht nur der einfachen Leute} für seine Zwecke ausgenutzt? Verlangte er entsprechende Denunziationen deshalb so vehement?

CH: Liebe Alessa, ich denke schon, dass Kramer ebendiese Angst ganz bewusst nutzte, um möglichst viele Verdächtigungen zu erhalten. Diese sind wohl auch reihenweise bei ihm eingetroffen. Während seines Aufenthalts in Ravensburg, soll er grauenvolle Anschuldigungen gegen die vermeintlichen Hexen vorgebracht haben. Dafür nutze er, wie ich das in »Seelenfeuer« geschrieben habe, tatsächlich die Liebfrauenkirche. »Hätten diese Wände Ohren, wären sie wohl bis auf den heutigen Tag erschüttert«, verriet mir Frau Lutz, die mich einen ganzen Tag lang durch Ravensburg begleitete und meinen Wissensdurst auf ganz wunderbare Weise gestillt hat.

Histo Journal: Vermutlich hast du den »Hexenhammer« komplett gelesen. Einmal ganz unwissenschaftlich gefragt: Was hast du bei der Lektüre empfunden?

CH: Es stimmt, ich habe den Hexenhammer, mit all seinem Schrecken, im Gesamten gelesen. Die Gefühle wiederzugeben, welche ich bei dieser grausigen Schrift empfunden habe, fällt mir auch heute nicht leicht. Die einzelnen Kapitel haben viel Kraft gekostet und ich bin sehr froh, dass ich den Malleus Maleficarum nicht durchgängig an einem Stück lesen musste. Ich habe mir zwischen den einzelnen Kapiteln Zeit gelassen und habe immer wieder andere Quellen herangezogen. Für uns ist es heute einfach unfassbar, welche Willkür Kramer walten ließ, und welchem Aberglauben er aufgesessen ist.

»Während der öffentlichen Prozesse konnten Menschen ihren Ärger über die Ungerechtigkeiten, die das Leben für sie bereithielt, auf die vermeintlichen Hexe projizieren.«

Histo Journal: Einen Aberglauben, den er theologisch zu begründen wusste, oder?

CH: Kramer gab sich sehr viel Mühe diesen Aberglauben zu nähren, und ihn den Menschen von damals auch einigermaßen plausibel zu erklären. Um dieser, aus heutiger Sicht, doch recht fadenscheinigen Ausführung Glauben zu schenken, sollten wir nicht vergessen, welche Macht die Kirchenväter damals ausüben konnten. Generell sah Kramer aber in der Frau »ein[en] einzige[n] Fehler der Natur«. So schrieb er etwa auf Seite 228 des Hexenhammers: »Zwei Arten von Tränen werden in den Augen der Frau [bereit] gehalten, die des wahren Schmerzes und die der Hinterlist. Sinnt eine Frau allein, dann sinnt sie auf Böses.« Auf der Seite 231 war es ihm ein Anliegen, die Etymologie des Wortes Frau im Lateinischen zu erklären: »Es heißt nämlich femina – Frau von fe, {Abk. von fides – Glauben} und minus, weil sie geringeren Glauben hat. Schlecht also ist die Frau von Natur aus […] Das ist die Grundlage für die Hexen.«

Histo Journal: Heute unvorstellbar, aber damals war der »Hexenhammer« so etwas wie ein ›Verkaufsschlager‹. Was machte das Werk für die Zeitgenossen Heinrich Kramers so bedeutsam?

CH: Mit dem Erscheinen des Hexenhammers rückte das Delikt der Hexerei in ein ganz neues und anderes Licht. Von nun an wurde der Tatbestand der Hexerei als »crimen exceptum«, also als ein Ausnahmeverbrechen gewertet. Mit dem Erscheinen des Malleus Maleficarum war es jedem Bürgermeister und jedem Stadtrat möglich, selbstständig einen Hexenprozess ins Leben zu rufen und diesen auch zu leiten. Kramer hat seine Anweisungen im Hexenhammer für jedermann, der des Lateinischen mächtig war niedergeschrieben. Während Kramer lebte wurden Hexenprozesse fast so etwas, wie eine Modeerscheinung und zu einer Art Katharsis für die Bevölkerung. Während der öffentlichen Prozesse konnten Menschen ihren Ärger über die Ungerechtigkeiten, die das Leben für sie bereithielt, auf die vermeintliche Hexe projezieren.

Schiltacher Flugblatt
zur Hexenverbrennung

Histo Journal: Und gerade alleinstehende Frauen ohne männlichen Beschützer {wie einen Ehemann} gerieten leicht in den Fokus… Bei all den getöteten Frauen im Bodenseeraum: Weißt du wie viele von ihnen alleinstehend waren?

CH: In Süddeutschland sticht besonders die Zahl der verwitweten Frauen heraus, die als Hexe verurteilt und hingerichtet wurden. Bei allen getöteten Frauen liegt ihr Anteil bei unvorstellbaren 67%!

Histo Journal: Wie hast du dich der Person Kramers angenähert?

CH: Mit allergrößter Vorsicht. Aber auch mit Neugierde und ganz sicher nicht ohne Respekt. Es ist nicht immer ganz leicht, sich in all seine Protagonisten einzufühlen. Häufig fällt es mir bei historischen Personen besonders schwer. Was mir bei Luzia scheinbar mühelos gelang, kostete bei Kramer recht oft sehr viel Überwindung. Letztlich muss ein Autor aber all seine Figuren ›verstehen‹ und zu einem gewissen Teil annehmen. Was mir im Fall von Heinrich Kramer nicht immer ganz leicht gefallen ist.

Histo Journal: Welche anderen Quellen und Sekundärliteratur hast du gelesen?

CH: Meine Recherche für »Seelenfeuer« hat sich über einige Jahre hingezogen, deshalb kann ich auch heute nicht mehr alle Bücher aufzählen, die mir über diesen langen Zeitraum in die Hände gefallen sind. Als außerordentlich gute Quelle haben sich aber der »Fruchtkasten«, die Hochschulbibliothek Weingarten, die Bibliothek der Uni Konstanz und die Leopold-Sophien-Bibliothek in Überlingen erwiesen. Unter anderem sei hier die Arbeit von Andreas Schmauder zu erwähnen. Sein Rat, als Archivar des Stadtarchivs Ravensburg war unverzichtbar, und sein Buch über die frühe Hexenverfolgung am Bodensee stellte eine reiche Quelle dar. Aber auch die Arbeiten von Wolfgang Behringer, hier sei ganz besonders »Hexen und Hexenprozesse in Deutschland«, »Kultur des Klimas: von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung« sowie »Hexen: Glaube, Verfolgung, Vermarktung« erwähnt. Nicht wegzudenken ist »Wider alle Hexerei und Teufelswerk« und »Alemannen und Christentum«. Zwei ganz wunderbare Arbeiten von Sönke Lorenz, der im Jahr 2012 leider verstorben ist.

Constitutio Criminalis Carolina
Die Peinliche Halsgerichtsordnung
Kaiser Karls V. von 1532
Zauberei ist darin als eines der Kapitalverbrechen aufgeführt
hier: Ausgabe von 1577

Histo Journal: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

CH: Morgens gehe ich mit meinem Mann gerne eine Runde laufen. Während wir unsere Runde drehen, mache ich mir erste Gedanken über den Tag und überlege, wie es in meiner Geschichte weitergehen wird. Manchmal bespreche ich auch plötzliche Wendungen, oder Einfälle, die sich in der Nacht ergeben haben, mit meinem Mann. Er ist da immer ein guter Berater. Wenn wir zurückkommen ist das Haus ruhig und leer, weil unsere jüngste Tochter bereits auf dem Weg zur Schule ist und die ältere schon eine Weile nicht mehr daheim wohnt. Nach einem starken Kaffee und der morgendlichen Dusche verabschiedet sich mein Mann in seine Firma. Vielleicht klingt das jetzt ein wenig kitschig, aber schon mit dem Schließen der Tür erwachen meine Protagonisten zum Leben. Dann wird ordentlich verhandelt, sehr oft gelacht und manchmal auch geweint und ich komme, wenn alles gut läuft, ein wenig weiter in der Geschichte, die sie mir erzählen. Manchmal mache ich noch einen kurzen Abstecher zum Bodensee hinunter und füttere mit dem übrig geblieben Brot die Schwäne und Enten. Ein paar Rabenvögel gesellen sich oft auch noch dazu. Das ist ein sehr alter und zugleich lieb gewonnener Brauch. Schon mein Großvater hat Tag für Tag die Schwäne gefüttert und das Wetter beobachtet. Die Stimmung über dem Wasser und in den nahen Alpen, ist jeden Tag ein wenig anders. Nach der Mittagszeit mache ich eine Pause. Wenn Victoria heimkommt, was in der dreizehnten Klasse leider nicht so oft der Fall ist, essen wir gemeinsam zu Mittag. Am späten Nachmittag setze ich mich dann fast immer noch einmal an den Schreibtisch und lese, was ich bis dahin geschrieben habe. Manchmal schreibe ich nach dem Abendessen noch ein wenig. Das mache ich aber nur, wenn es gerade besonders gut läuft, oder ich mich in der Endphase eines Romans befinde und mir die Zeit davonläuft.

»Ich habe den »Hexenhammer« mit all seinem Schrecken, im Gesamten gelesen.«

Histo Journal: Die Entstehung einer neuen Geschichte ist aufregend. Wie handhabst du das? Ganz klassisch mit Prämisse, Szenen- und Kapitelentwurf etc. oder wie gehst du vor?

CH: Zunächst überlege ich mir, wo die Geschichte hingehen soll. Dazu mache ich mir meistens ausgiebig Notizen. Ich gehe nie, wirklich niemals ohne Notizbuch aus dem Haus und selbst neben meinem Bett liegt immer Papier und Bleistift. Kapitel und einzelne Szenen überlege ich meistens nicht. Allenfalls helfen mir grobe Umrisse dabei, den roten Faden nicht zu verlieren. Anschließend überlege mir Eigenschaften zu den ersten Protagonisten. Das alles findet in einem großen Notizbuch Platz, welches ich ausschließlich für einen einzigen Roman benutze. Dort hefte ich dann auch Kopien und Ausdrucke ein und alles, was mir während meiner Recherche begegnet. Manchmal zeichne ich, obwohl ich eigentlich gar kein Talent dazu habe und ganz furchtbar male, die Gesichter meiner Figuren, um sie besser kennenzulernen. Bei Berthold Schwarzenberger habe ich das etwa so gemacht. Ja, und dann lasse ich mich einfach von meinen Figuren überraschen. Klar, dass es da manchmal zu heftigen Unstimmigkeiten zwischen mir und meinen Protagonisten kommt. Aber so bleibt es auch immer sehr spannend.

Histo Journal: Verwendest du eine bestimmte Software?

CH: Auch auf die Gefahr hin, dass das nun sehr langweilig und vielleicht auch ein wenig altmodisch klingt – ich verwende ausschließlich Word.

Histo Journal: Wer hat »Seelenfeuer« {als Manuskript} als erste{r} gelesen?

CH: Das war mein Mann. Ihm kann ich dabei völlig vertrauen.

Histo Journal: Autoren befinden sich zumeist in ihrer eigenen Welt, sprich, in ihren Roman Welten. Ab und an tauchen sie auf und teilen sich mit, diskutieren zum Beispiel neue Ideen. Mit wem sprichst du über deine Roman Welten?

CH: Auch hier ist die erste Anlaufstelle meine Familie. Allem voran mein Mann, aber auch unsere beiden Töchter sind mir immer sehr gute Ratgeberinnen. Mit meinem Mann berate ich mich über den Ablauf des Romans. Oft bringt er mich dabei auf neue Ideen, während mich Jacqueline und Victoria in sämtlichen ›Frauenfragen‹ unterstützen.

Histo Journal: Woran arbeitest du aktuell? Ich hoffe, du bleibst du dem historischen Genre treu? Und wird der Roman wieder bei Hoffmann und Campe erscheinen?

CH: Letztlich beleben und beseelen wir Autoren des historischen Romans, unsere Vergangenheit mit neuem Atem und leihen ihr unsere Stimme. Für mich gibt es nichts spannenderes, als die tägliche Zeitreise. Allein deshalb werde ich dem historischen Genre mit Sicherheit auch weiterhin treu bleiben. Momentan arbeite ich aber an einer Geschichte, über die ich noch nichts verraten möchte. Mein zweiter Roman ist aber bereits fertiggestellt und liegt dem Verlag vor. »Sturmherz« ist eine in sich abgeschlossene Fortsetzung von »Seelenfeuer« und wird im Herbst 2015 bei dtv erscheinen.

Histo Journal: Möchtest du deinen Leserinnen und Lesern darüber schon etwas über deinen neuen Roman verraten? Bleibst du in der Region? In welcher Zeit spielt es? Ist es eine Nachfahrin? …

»Letztlich beleben und beseelen wir Autoren des historischen Romans, unsere Vergangenheit mit neuem Atem und leihen ihr unsere Stimme.«

CH: Ich kann dir verraten, dass es auf jeden Fall wieder sehr spannend wird und der Großteil des Romans wieder am Bodensee spielt. Das Schicksal hält für Luzia und Johannes auch in »Sturmherz« harte Prüfungen bereit. Im Zeitgeschehen reisen wir allerdings sieben Jahre weiter und die Erzählung beginnt im südfranzösischen Montpellier.

Histo Journal: Was denkst du über das Genre des Historischen Romans? Wie siehst du dessen Zukunft?

CH: Selbst wenn stets aufs neue versucht wird, den Historischen Roman totzureden denke ich, dass es ihn immer geben wird. Vielleicht verändern sich die Schwerpunkte und mit ihnen die Jahrhunderte. Zahlreiche Neuverfilmungen zeigen uns aber, dass die Menschen Geschichten aus ihrer Vergangenheit lieben und auch in Zukunft nicht darauf verzichten möchten.

Histo Journal: Bist du in einem Autorenverein? Und wenn ja, warum?

CH: Ja, ich bin Mitglied bei HOMER – Historische Literatur. Als Debütautorin kann man ja leider noch nicht auf allzu viel Erfahrung zurückgreifen. Da tut es schon gut, sich austauschen zu können und Kollegen kennenzulernen. Bei HOMER finden sich ganz wunderbare Autoren zusammen, die allesamt großartige Bücher schreiben.

Histo Journal: Seit einigen Tagen liegt dein Roman nun auch als Taschenbuchausgabe vor. Hast du Lesungen oder eine Leserunde geplant?

CH: Eine Leserunde wird es im Januar auf jeden Fall bei Lovelybooks geben. Darauf freue ich mich ganz besonders. Vereinzelt sind auch schon Lesungen geplant. Eine Hebammenpraxis hat mich bereits um eine Lesung gebeten, und so habe ich erst kürzlich, zum ersten Mal aus der Taschenbuchausgabe gelesen. Ich freue mich immer, wenn ich irgendwo eingeladen werde, aus »Seelenfeuer« vorzulesen.

»Hätte ich Luzia zugemutet, was die Frauen damals erdulden mussten, hätte »Seelenfeuer« ein anderes Ende genommen.«

Histo Journal: Wird es »Seelenfeuer« auch als Hörbuch geben?

CH: Ein Hörbuch ist momentan noch nicht im Gespräch, aber man wird sehen, was die Zeit bringt.

Histo Journal: Oder von »Sturmherz«?

CH: Ehrlich gesagt, weiß ich auch das nicht, aber bei »Sturmherz« ist es ja noch eine Weile hin.

Histo Journal: Was hat dein Interesse an Geschichte geweckt?

CH: Das war sicher der Verdienst meines Großvaters. Er hat mir schon sehr früh Geschichten vom Bodensee erzählt. Seemannsgarn und andere spannende Abenteuer und ich glaube, er hat meine Liebe zur Heimat und meine Leidenschaft für die Historie geweckt. Jedenfalls liebe ich auch heute noch Geschichten jeder Art und höre den Menschen gerne zu, wenn sie aus früheren Zeiten erzählen. Ich finde es spannend, was gerade ältere Menschen noch aus vergangenen Zeiten wissen. Hier im Dreiländereck verfügen wir über einen ausnehmend großen Schatz an lange überlieferten Sagen und uralten Bräuchen.

Histo Journal: Hast du ein Lieblingsgenre oder liest du querbeet?

CH: Ich lese tatsächlich querbeet. Leider fehlt mir immer ein wenig die Zeit. Aber im Urlaub lese ich auf jeden Fall und dann kommt es ganz darauf an, worauf ich gerade Lust habe.

Histo Journal: In einer Lesung bei der Buchhandlung RavensBuch {youtube} erzählt Martin Walser, dass du ihm dein Manuskript zugesandt hast. Die Geschichte fesselte ihn augenblicklich und er leitete sie an einen Verleger weiter {Walser publizierte lange Jahre bei Suhrkamp, danach bei Rowohlt}. Wie bist du auf die Idee gekommen ihm Luzias Geschichte zu geben?

CH: Ach weißt du, ich habe schon ganz lange nach einer ehrlichen Einschätzung gesucht. Letztlich schreibt man da im stillen Kämmerlein vor sich hin und weiß nicht so recht, ob das zu Papiergebrachte nicht einfach ein Fall für die Ablage ›P‹ ist. Immerhin wohnt Martin Walser nur wenige Kilometer entfernt und jeder, der schon einmal ein Buch von ihm gelesen hat weiß, dass er Geschichten mag, die vom Bodensee erzählen. Als er mich ein paar Tage später anrief, konnte ich seine Begeisterung für »Seelenfeuer« kaum fassen. Der veröffentlichende Verlag Hoffmann und Campe, ist aber nicht Herrn Walsers Verlag.

Histo Journal: Liebe Cornelia, herzlichen Dank für das Gespräch!


Cornelia Haller
Seelenfeuer
Heilerin oder Hexe?

1483. Die junge Luzia Gassner kehrt mit gemischten Gefühlen als neue Hebamme in ihre Heimatstadt Ravensburg zurück. Einerseits freut sie sich auf ihren Onkel Basilius, einen Apotheker, andererseits sind ihre Erinnerungen an ihre Kindheit keineswegs angenehm. Als uneheliches Kind mit roten Haaren wurde sie als »Kind der Wollust« verschrien und vom Kaplan trotz ihrer Wissbegier in der Schule schikaniert. Bei ihrer Arbeit verlässt sie sich nicht auf Gebete, sondern auf Kräuterheilkunde und ihren medizinischen Sachverstand. Damit fordert sie jedoch den Hass des mächtigen Kaplans Grumper heraus. Als ein Unwetter die Stadt verwüstet und die Einwohner von Hungersnot und Pest heimgesucht werden, ergreift Grumper die Gelegenheit, Luzia der Hexerei zu bezichtigen …