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Gastartikel: Christiane Lind über Christopher Marlowe

Ein dubioser Tod in Deptford –

Christopher Marlowe, genannt Kit, im selben Jahr wie William Shakespeare geboren, galt seinen Zeitgenossen als einer der größten Dichter. Marlowe schrieb als erster Theaterstücke im Blankvers und ist Verfasser der tragischen Geschichte des Doctor Faustus, die Goethe inspirierte. Dennoch kennen ihn heutzutage wohl nur Literaturwissenschaftler und Theaterfreunde, während nahezu jeder Mensch von Shakespeare gehört hat und eines seiner geflügelten Worte zitieren kann.
Was führte dazu, dass Christoper Marlowe in Vergessenheit geriet, während sein Kollege und Konkurrent William Shakespeare unvergesslich bleibt?
Vielleicht liegt es am allzu frühen Tode des Dichters, Lebemann und Spion Christopher Marlowe. Am 30. Mai 1593, mit 29 Jahren, auf dem Höhepunkt seines Ruhms als Dichter, starb er unter mysteriösen Umständen in einem Gasthaus in Deptford an der Themse. Ein Streit um die Rechnung sollte angeblich eskaliert sein. Marlowe zückte seinen Dolch, den ihm sein Zechkumpan Ingram Frizer entriss. Frizer wiederum stach zu und tötete Christoper Marlowe durch einen Dolchstoß über dem rechten Auge. Etliches an diesem Tod bleibt rätselhaft und bietet Ansatzpunkte für Verschwörungstheorien.

Wirtshausschlägereien gab es etliche in Marlowes Leben, einige davon auch mit Todesfolgen. So war er – gemeinsam mit seinem Freund Thomas Watson – 1589 in einen Händel mit einem Gastwirtssohn namens William Bradley verwickelt, der zum Tode Bradleys führte. Marlowe und Watson kamen ins Newgater Gefängnis. Kit kam nach wenigen Tagen frei, während Watson dort fünf Monate ausharren musste, bis das Gericht auf Notwehr erkannte.
Wenn also Marlowe ein Mann war, der bekannt war für seine Streitlust, warum umgibt seinen Tod in Deptford ein Nimbus?
Um diese Frage beantworten zu können, schauen wir uns das Leben Kit Marlowes an und begeben uns zurück zum Februar 1564, in dem Christoper Marlowe – auch Marlar, Marley, Marlen, Marlin, Marlye, Marlyn, Marlo, Merling, Merlin, Morley, Morleyn geschrieben – getauft wurde. In Canterbury, einer Stadt voll Kirchen und Gasthäuser und dem Grab Thomas Becketts, wie er später sagen sollte. Sein Vater war Schuhmacher und Sohn eines Schuhmachers. Christopher hingegen strebte nach Höherem …

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