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Die Spionin

Paulo Coelho »Die Spionin« –

Mata Hari – eigentlich Margaretha Gertrud Zelle – hat schon oft die Phantasie der Menschen angeregt, und damit verdiente sie auch ihr Geld: In selbst entworfenen Tänzen, denen sie ein hinduistisches Erbe andichtete, entblätterte sie sich und das zu einer Zeit, als ein entblößter Frauenknöchel schon als zu anzüglich galt. So kommt Coelho auch zu der Aussage, dass ihre Hinrichtung nicht aus ihren sporadischen Spionage-Tätigkeiten folgte, sondern aus dem Umstand, dass sie als Frau selbstbewusst mit ihrer Erotik umging: »Verurteilt wurde ich nicht wegen Verbrechen, die ich tatsächlich begangen habe – und deren größtes es war, in einer von Männern beherrschten Welt eine emanzipierte, unabhängige Frau zu sein.« {22}
Er lässt Mata Hari in seinem Buch selbst zu Wort kommen, in einem fingierten Brief an ihren Anwalt. Und dieses Konstrukt trägt nicht: Ein Mensch, dem die Hinrichtung droht, würde sich darauf konzentrieren, die bestehenden Vorwürfe zu entkräften. Seine Mata Hari aber plaudert über ihre Lebensstationen.

Dabei scheint Margaretha zunächst gar kein eigenes Leben zu haben: Sie ist das Opfer männlicher Übergriffe und das schon in der Schule in ihrem Geburtsland Holland. Verbürgt ist, dass sie wegen einer »Affäre« mit dem Schuldirektor die Bildungseinrichtung wechseln musste. Sie heiratet den gut 20 Jahre älteren Offizier Rudolph MacLeod und geht mit ihm nach Java, Kinder werden geboren, Kinder sterben, der Mann entpuppt sich als trunksüchtiger Perversling. Es folgt die Scheidung, Margaretha kehrt nach Europa zurück. Der Moment, in dem sie sich entscheidet, als exotische Tänzerin aufzutreten, wäre sicherlich ein Schlüsselmoment ihrer Biografie. So weit man weiß, brachte sie der Reitlehrer, für den sie in Paris arbeitete auf die Idee. Nichts davon bei Coelho: Hier stellt sie sich kurzerhand …

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